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Prävention von Infektionen und Thrombosen nach Splenektomie oder bei funktioneller Asplenie (Stand Juni 2009)

Stand Juni 2009

Stand: Juni 2009

Autoren: Monika Engelhardt, Peter S. Haas, Hermann Heimpel, Winfried V. Kern

Expertengruppe: S.W. Eber (München), M. Engelhardt (Freiburg), P. S. Haas (Freiburg), H. Heimpel (Ulm), W.V. Kern (Freiburg), M. Minkov, M. Schmugge (Zürich CH), C. Theilacker (Freiburg)

Definition und Basisinformation

Die Milz spielt während des gesamten Lebens eine zentrale Rolle im Immunsystem. Besonders wichtige Funktionen kommen dem Organ bei der Abwehr von gekapselten Mikroorganismen und Parasiten durch Phagozytose zu [8,11,13]. Außerdem finden sich die meisten B-Gedächtniszellen in der Milz, welche für die Langzeitimmunität gegen Erreger verantwortlich sind. Aufgrund dieser Funktionen ist es verständlich, dass der Verlust der Milzfunktion wichtige Folgen für die Immunabwehr des menschlichen Körpers hat. Menschen ohne Milz oder mit nicht funktionierender Milz sind vor allem durch schwere bakterielle Infektionen mit hoher Mortalität gefährdet, die als Postsplenektomiesepsis (PSS) oder 'Overwhelming-Postsplenectomy-Infection' (OPSI) bezeichnet werden. Ihre Prävalenz liegt nach Milzentfernung lebenslang bei 1-5%. Die Mortalität der PSS ist mit 30-60% sehr hoch, hat allerdings bei frühzeitiger Diagnose und sofortigem Einsatz bakterizider Antibiotika im vergangenen Jahrzehnt deutlich abgenommen [2,4,7,12].

Risikofaktoren für schwere Infektionen, insbesondere PSS, nach Milzverlust sind [2,23]:

  • Milzverlust im frühen Kindesalter, d. h. bei Kindern mit noch unreifem Immunsystem, höheres Lebensalter, d. h. Personen über 60 Jahren, bei denen das Risiko auch nach Milzverlust im früheren Lebensalter wieder ansteigt, Milzentfernung bei Grunderkrankungen mit à priori erhöhter Infektanfälligkeit, z. B. beim Hodgkin Lymphom oder nach intensiver Chemotherapie, Zustand nach einer einmal überstandenen PSS oder anderen schweren Infektionen nach Milzentfernung.

Gleiche Infektionsrisiken bestehen auch bei anatomisch erhaltener, aber funktionsunfähiger Milz. Während die erhöhte Inzidenz lebensgefährlicher bakterieller und parasitärer Infektionen nach Milzverlust und Funktionsverlust der Milz eindeutig belegt ist, ist das Risiko von Thrombosen des Venensystems im Bereich der unteren und oberen Hohlvene und der stromaufwärts liegenden großen Venen umstritten [16,20].) Eindeutig ist allerdings die erhöhte Inzidenz von Thrombosen im portalen Venensystem nach Splenektomie belegt, die im ersten Halbjahr nach der Milzentfernung am höchsten ist und dann zunehmend abnimmt. Einzelfälle von Pfortaderthrombosen werden allerdings auch Jahre nach Splenektomie beobachtet.

Ätiologie

Die häufigsten Ursachen sind:

  • Splenektomie nach traumatischer Milzruptur, deren Risiko bei primär vergrößerter Milz besonders hoch ist. Entfernung der Milz bei großen operativen Eingriffen oder iatrogen bei abdominellen, auch laparaskopischen Eingriffen mit Verletzung des Organs.
  • Elektive Splenektomie bei hämolytischen Anämien, schweren Formen der kongenitalen dyserythropoetischen Anämie Typ II [6], den schweren Thalassämieformen, bei Sichel-zellkrankheit [5], bei der therapieresistenten idiopathischen thrombozytopenischen Purpura (ITP) [9], beim Hypersplenismus und bei chronischen myeloproliferativen Erkrankungen, insbesondere der primären Myelofibrose mit Riesenmilz.

Heute ist durch die Fortschritte der zytostatischen Chemotherapie die elektive Splenektomie bei malignen Erkrankungen, wie dem Hodgkin-Lymphom, der Haarzellleukämie und besonderen Formen anderer maligner Non-Hodgkin-Lymphome mit ausgeprägter Milzvergrößerung und Hypersplenismus selten geworden [18]. Ein erworbener Verlust der Milzfunktion bei Adoleszenten und Erwachsenen (funktionelle Asplenie) findet sich vor allem bei der auch in Deutschland jetzt häufiger gesehenen Sichel-zellkrankheit (hier bei etwa der Hälfte aller Patienten, unabhängig von der genetischen Konstellation, aber nicht bei klinisch asymptomatischen Heterozygoten) und nach intensiver Chemotherapie, insbesondere nach Stammzelltransplantation [21,22].

Infektionsprävention

Impfungen

Die primäre Infektionsprophylaxe, die insbesondere auf die besonders häufige und besonders gefährliche PSS durch Pneumokokken gerichtet ist, besteht in Impfungen sowie in bestimmten Fällenvor allem bei Kindern, einer Antibiotikaprophylaxe, die in erster Linie gegen Pneumokokken gerichtet ist. Die Impfungen sind bei Kindern jenseits des 6. Lebensjahrs, Adoleszenten und Erwachsenen identisch. Bei Notfalloperationen, z.B. nach Trauma, oder bei Patienten, die aus anderen Gründen vor Splenektomie oder vor der Neudiagnose einer funktionellen Asplenie keine Impfung bzw. Auffrischimpfung erhalten haben, sollten die Vakzinierungen nachgeholt werden. Für die funktionelle Asplenie liegen die meisten Erfahrungen aus den Sichelzellpatientenkohorten vor. Sie können auf die anderen genannten Formen der funktionellen Asplenie übertragen werden.

Pneumokokken: Pneumokokken sind die bei weitem häufigste Ursache für eine PSS und für letal verlaufende Infektionen nach Splenektomie. Die Impfung senkt die Inzidenz invasiver Pneumokokkeninfektionen nach Splenektomie oder bei funktioneller Asplenie, sie wird daher von der ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut (STIKO) wie auch vom schweizerischen Bundesamt für Gesundheit empfohlen. Bei Erwachsenen und Kindern ab 6 Jahre wird derzeit der 23-valente Polysaccharid-Impfstoff PSV-23 empfohlen. Eine Impfung sollte möglichst umgehend erfolgen, sobald die Indikation zu einer Splenektomie diskutiert wird, möglichst 2 Wochen vor der Splenektomie (Empfehlungsgrad A, [2,4,8]). Ist die Splenektomie ohne vorherige Impfung erfolgt, ist ein Impfabstand von nicht weniger als 10-14 Tagen nach Splenektomie sinnvoll [19]. Nach Steroidtherapie bzw. Chemotherapie wird ein Intervall von 1-3 Monaten empfohlen. In Analogie hierzu sollte nach Rituximab-Behandlung verfahren werden. Das Erreichen protektiver Impftiter ist vor allem bei immunsupprimierten Patienten variabel. Eine maligne hämatologische Grunderkrankung ist der wichtigste Risikofaktor für ein Impfversagen nach PSV-23-Impfung. Hier finden sich gehäuft Patienten mit schlechter Immunantwort auf die Pneumokokkenvakzine. Auffrischimpfungen mit dem Polysaccharidimpfstoff bei Impfversagern führen in diesem Kollektiv in der Regel zu keiner Steigerung der Impftiter. Bei Durchbruchsinfektionen trotz Impfung ist unter Umständen eine Bestimmung des Pneumokokken-Serotyps und Bestimmung der Antikörper-Titer gegen diesen Serotyp (Erregerasservierung ist hierzu notwendig, Versand von Isolat und Serum, z.B. ins Referenzzentrum für Streptokokken, Aachen) zu erwägen (Empfehlungsgrad C, [8]); gegebenenfalls kann eine gezielte Boosterimpfung mit Konjugat-Impfstoff (derzeit als 7-valenter Impfstoff verfügbar, PCV-7) unternommen werden, ggf. muss eine Antibiotikaprophylaxe diskutiert werden (siehe unten). Bei Sichelzellkrankheit gibt es gute Evidenz für die lebenslange Auffrischimpfung mit Pneumokokkenvakzine im Fünfjahresabstand [22]. Eine Re-Immunisierung (Auffrischimpfung) sollte daher grundsätzlich alle 5-6 Jahre mit PSV-23 erfolgen (Empfehlungsgrad B, [22]). Ein kürzerer Impfabstand von 3 Jahren wird für Patienten mit anhaltender immunsuppressiver Behandlung aufgrund eines rasch abfallenden Antikörper-titers diskutiert, jedoch nicht allgemein empfohlen.

Haemophilus influenzae: Die Kolonisierungraten mit H. influenzae Typ B bei Kindern und in der Allgemeinbevölkerung sind seit der Einführung des Kapsel-Konjugatimpfstoffs HibCV 1990 deutlich gefallen. Die Bedeutung von invasiven H. influenzae-Infektionen als Komplikation nach Splenektomie ist daher derzeit unklar. Auch ohne Impfung werden im Laufe des Lebens durch Erregerkontakt protektive Antikörpertiter erworben, die jedoch mit zunehmendem Alter wieder abfallen. Sollte ein Kind ungeimpft sein, wird im Rahmen einer Splenektomie oder Neudiagnose einer funktionellen Asplenie die umgehende (Nach)-Impfung gegen H. influenzae Typ B empfohlen. Bei Erwachsenen sind die Meinungen unter-schiedlich. Die STIKO empfiehlt die Impfung im Rahmen einer Splenektomie, das BAG empfiehlt sie nicht. Eine Auffrischimpfung wird nicht empfohlen (Empfehlungsgrad C, [8]). Problem ist inzwischen die Verfügbarkeit eines monovalenten HibCV-Impfstoffes in Deutsch-land. Meningokokken: Die Verteilung der Serotypen bei Meningokokken ist geographisch variabel. In Deutschland wird die Mehrzahl der Erkrankungen durch Erreger der Serogruppe B (ca. 65 %) und C (ca. 25%) verursacht, während andere Serogruppen sehr viel seltener beobachtet werden. Gegen die Serogruppe B konnte bisher (aufgrund identischer Polysaccharidstrukturen der B-Kapsel und menschlichen Nervenzellen) kein verwendbarer Impfstoff entwickelt werden. In Deutschland stehen die Polysaccharid-Impfstoffe MSV-AC bzw. MSV-ACWY sowie ein auch bei Asplenie gut immunogener Konjugatimpfstoff gegen Serogruppe C-Erreger (MCV-C) zur Verfügung. In Deutschland ist die Meningokokken-Impfung (mit MCV-C) eine allgemein empfohlene Impfung; sie soll im 2. Lebensjahr erfolgen. Spätere Auffrischungen sind im Zusammenhang mit einem Aufenthalt in Endemiegebieten für Serogruppe C-Erkrankungen sowie in Gebieten mit hohem Risiko für die epidemische Meningokokken-Meninigitis (West- und Zentralafrika bis Äthiopien, Naher Osten, Brasilien, seltener Indien, Nepal, Mongolei) empfohlen. Bei ungeimpften älteren Kindern und Erwachsenen wird im Falle einer Splenektomie oder funktionellen Asplenie die Impfung mit MCV-C, gefolgt von MSV-ACWY nach etwa 3-6 Monaten empfohlen (Empfehlungsgrad A, [1,8]) Sie kann parallel zur Pneumokokkenimpfung erfolgen.

Influenza: Auch wenn es derzeit keine klare Impfempfehlung für Splenektomie-Patienten für Influenza-Impfungen gibt, sollte eine Impfung erfolgen. Die Gründe liegen in dem hohen Risiko für Superinfektionen, welche bei Influenza-Erkrankungen auftreten können und durch welche das Risiko für ein PSS deutlich erhöht ist. Zudem wird die Impfung für Menschen mit hohem Infektionsrisiko (z.B. durch berufliche Exposition), Menschen >60 Jahren und Tumor-patienten generell empfohlen (Empfehlungsgrad B, [4,8]).

Besondere Impfempfehlungen nach allogener und autologer Stammzelltransplantation: Die Impfantwort bei allogen- und autolog-stammzelltransplantierten Patienten ist insbe-sondere in den ersten Monaten nach Transplanation deutlich eingeschränkt. Es wird deshalb empfohlen, bei diesen Patienten erst ab 6 bis 12 Monaten nach Transplantation zu impfen. Während des Intervalls bis zur 1. Impfung sollte eine prophylaktische Antibiotikagabe erfolgen. Die Impftiter für Pneumokokken und Haemophilus lassen sich im allogenen Setting für den Patienten steigern, wenn sowohl Stammzellspender und -empfänger geimpft werden (Empfehlungsgrad B, [14,15]).

Antibiotikaprophylaxe

Bei Kindern mit Sichelzellkrankheit (die alle eine funktionelle Aplenie aufweisen) kann die Anzahl invasiver Pneumokokkeninfektionen mittels Antibiotikaprophylaxe um 50-70% gesenkt werden. Vergleichbare Studien liegen bei splenektomierten erwachsenen Patienten nicht vor. Entsprechend reichen die internationalen Empfehlungen von keiner bis zur lebenslangen Antibiotikaprophylaxe. Nachteile einer Antibiotikaprophylaxe sind mangelnde Compliance und mögliche Resistenzentwicklung. Aufgrund der unsicheren Datenlage bezüglich Indikation und Dauer kann eine generelle Empfehlung zur Antibiotikaprophylaxe bei Erwachsenen nicht gegeben werden. Zu erwägen ist eine Antibiotikaprophylaxe bei sehr hohem Risiko für eine PSS. Dies sind vor allem Patienten mit bereits stattgehabter PSS, vor allem wenn es sich dabei um eine Durchbruchsinfektion trotz Impfung handelt: diese haben ein >10-fach erhöhtes Risiko für ein PSS-Rezidiv innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre. Sofern nach solchen Durchbruchsinfektionen trotz vorheriger Impfung keine gezielte Reimmunisierung mit Konjugat-Impfstoff möglich ist oder diese als nicht ausreichend wirksam betrachtet werden muss, sollte eine Antibiotikaprophylaxe durchgeführt werden (Empfehlungsgrad A, [8]). Patienten mit funktioneller Asplenie, bei denen nicht von einem ausreichenden Schutz durch die Pneumokokken-Impfung ausgegangen werden kann oder die zunächst nicht geimpft werden können, zählen ebenfalls zur Gruppe der Risikopatienten bei denen die Antibiotikaporphylaxe diskutiert werden sollte – beispielsweise Patienten nach Stammzelltransplantation (siehe unten), bei malignen hämatologischen Grunderkrankungen bzw. Patienten, die sich einer wiederholten Polychemotherapie unterziehen müssen (Empfehlungsgrad B, [8]). Gut geeignet für die Antibiotikaprophylaxe ist Penicillin V oder Amoxicillin (2 x 10 mg/kg Körpergewicht); bei Penicillinallergie ist niedrig dosiertes Erythromycin (1x10mg/kg Körpergewicht) eine Alternative. Die Antibiotikaprophylaxe sollte für das Intervall mit dem höchsten Risiko für eine PSS bzw. für ein PSS-Rezidiv, d.h. für 1-2 Jahre nach Splenektomie bzw. nach PSS, durchgeführt werden. Die Prophylaxe mit Amoxicillin ist in aller Regel auch gegen Haemophilus und Meningokokken wirksam. Perioperative Antibiotikaprophylaxe: Die perioperative Antibiotikaprophylaxe bei Splen-ektomie oder auch bei Folgeeingriffen kann nach allgemeingültigen Empfehlungen erfolgen, sofern Penicillinderivate oder Cephalosporine verwendet werden (Empfehlungsgrad B). Es besteht keine Indikation für eine verlängerte perioperative Prophylaxe. Malariaprophylaxe: Bei Reisen in Malaria-Endemiegebieten sollte eine ausführliche Auf-klärung in einer reisemedizinischen Beratungsstelle erfolgen. Dabei muss auf die Möglich-keiten der Expositionsprophylaxe wie auch Chemoprophylaxe eingegangen werden, ggf. auch auf Optionen zur Malaria-Stand-by-Therapie. (Empfehlungsgrad B, [8])

Weitere Maßnahmen zur Senkung der infektionsbedingten Sterblichkeit

Für die Verminderung der Letalität von Postsplenektomie-Infektionen ist die umgehende Behandlung mit geeigneten Antibiotika bei Verdacht auf eine bakterielle Infektion (insbe-sondere der Pneumokokken-Pneumonie und einer Meningokokken-Sepsis) – ggf. auch als vom Patienten initiierte stand-by-Therapie – von entscheidender Bedeutung (siehe unten). Erfahrungen aus mehreren Studien haben gezeigt, dass viele Patienten und behandelnde Ärzte nicht ausreichend über das Risiko von Infektionen nach Splenektomie oder bei funktionellem Milzverlust oder bei funktioneller Asplenie informiert sind [3,4,8,10]. Wichtige Maßnahmen sind daher auch:

  • Die wiederholte Aufklärung der Patienten und der weiterbetreuenden Ärzte über das Postsplenektomie-Risiko, die Notwendigkeit von Impfprophylaxe, ggf. von Antibiotika-prophylaxe und umgehender empirischer Therapie bei Fieber und Infektionsverdacht sowie der Notwendigkeit einer speziellen Beratung vor Tropenreisen bzw. Reisen unter einfachen Bedingungen bzw. in Gebiete mit eingeschränkter medizinischer Versorgung (Empfehlungsgrad B, [8,10])
  • Ständiges Mitführen entsprechender Warnhinweise in Deutsch und Englisch; entweder Eintragung im ständig mitzuführenden Impfpass oder durch einen speziellen Patienten-ausweis (Medical Alert Card) (Empfehlungsgrad B, [8])

Umgehende Behandlung bei Fieber und Infektionsverdacht

Bei Anzeichen einer möglichen bakteriellen Infektion wie plötzliches hohes Fieber und Abge-schlagenheit sollte umgehend (innerhalb von Stunden) mit einem geeigneten Antibiotikum die empirische Therapie begonnen werden (Empfehlungsgrad A, [4,8,17]). Ggf. muss bereits vor der Krankenhauseinweisung damit begonnen werden. Geeignet für die kalkulierte parenterale Initialtherapie beim Hausarzt oder im Rahmen der Initialbehandlung im Kranken-haus ist Ceftriaxon (1 x 2 g i.v.). Diagnostische Maßnahmen (wie z.B. Blutkulturen) sollten die Gabe von Antibiotika nicht verzögern. Geeignet ist auch Amoxicillin-Clavulansäure (Tagesdosis für Erwachsene, 3 x 12.5 mg/kg Körpergewicht) oder (bei Penicillinallergie), Cefaclor (Tagesdosis für Erwachsene, 3 x 1000 mg), Cefuroxim (Tagesdosis für Erwachsene, 2 x 500 mg) oder Makrolide (Tagesdosis für Erwachsene, Azithromycin 1 x 500 mg oder Clarithromycin 2 x 500 mg).

stand-by-Therapie

Alle Patienten sollten eingehend über ihr erhöhtes Infektionsrisiko aufgeklärt werden und wissen, dass trotz Impfung und ggf. Antibiotikaprophylaxe eine PSS nicht in jedem Fall verhindert werden kann. Den Patienten sollte erklärt werden, dass in ihrer Situation eine frühzeitige Therapieeinleitung im Fall einer schweren Infektion besonders wichtig ist und ggf. als stand-by-Therapie (Selbstbehandlung) erfolgen muss. Die Versorgung mit einem entsprechenden Vorrat an Medikamenten unter Beachtung des Verfallsdatums ist hierfür notwendig; dies gilt ganz besonders auch für Aufenthalte in Gebieten mit eingeschränkter medizinischer Versorgung. Die stand-by-Therapie setzt eine korrekte Einschätzung der Lage bei Fieber voraus. Jeder Patient sollte sich, auch im Fall einer stand-by-Selbstmedikation, in jedem Fall umgehend in ärztliche Behandlung begeben.

Thromboseprophylaxe

Die Empfehlungen sind hier nicht eindeutig. Sie gelten nur für den Milzverlust, während bei funktioneller Asplenie ein erhöhtes Thromboserisiko nicht bekannt ist [8,16,20]. Perioperativ und postoperativ: Niedermolekulares Heparin entsprechend den chirurgischen Empfehlungen für abdominale Eingriffe. Fortführung bis zur vollständigen Mobilisation, mindestens für vier Wochen nach Splenektomie (Empfehlungsgrad B, [8]). Weiterbehandlung mit Acetylsalicylsäure: da eine Erhöhung von Thrombosen im arteriellen System nicht belegt ist, ebenso wenig wie die Wirkung von ASS bei Risikopatienten für portale Thrombosen, sind die Meinungen hier kontrovers. Die nach Splenektomie immer erhöhte Thrombozytenzahl ist kein eigener Risikofaktor. Pfortaderthrombosen sind häufiger bei sehr großen Milzen, in einer Arbeit bei Thrombozytose >600-1000 Tsd/μl [20]) und bei thrombophiler Diathese. Einige Übersichten empfehlen eine Behandlung mit ASS 100mg täglich für ein Jahr nach der Splenektomie (Empfehlungsgrad C, [8,20]), ohne dass dieses durch die bisherige Datenlage begründet wäre.

Kontrolluntersuchungen nach Milzverlust

Blutbildkontrollen sind für den Effekt der Splenektomie, nicht aber für das Risiko infektiöser und thromboembolischer Komplikationen, von Bedeutung. Da die Prognose von Pfortader-thrombosen durch sofortige Behandlung mit Heparin und später mit oralen Antikoagulantien verbessert wird, ist im ersten Jahr nach Splenektomie die Überwachung von Risikopatienten mittels Doppler-Ultraschall-Diagnostik und Bestimmung der D-Dimeren zu erwägen (Empfehlungsgrad C, [8,20]). Die Patienten und ihre betreuenden Ärzte sind auf die Symptome einer Pfortader-Thrombose aufmerksam zu machen, so dass eine sofortige Diagnostik bei frühen, meist unspezifischen Symptomen erfolgen kann.

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  22. Standards for the clinical care of adults with sickle cell disease in the UK. Sickle Cell Society 2008.

Anschriften der Verfasser

Prof. Dr. Monika Engelhardt
Medizinische Universitätsklinik
Abteilung Innere Medizin I Hämatologie und Onkologie
Hugstetterstr. 55
79106 Freiburg
monika.engelhardt@uniklinik-freiburg.de
Dr. Peter S. Haas
Medizinische Universitätsklinik
Abteilung Innere Medizin I Hämatologie und Onkologie
Hugstetterstr. 55
79106 Freiburg
peter.haas@uniklinik-freiburg.de
Prof. Emeritus Dr. Hermann Heimpel
Zentrum für innere Medizin
Abteilung für Innere Medizin III Klinikum der Universität Ulm
Albert-Einstein-Allee 23
89081 Ulm
hermann.heimpel@uniklinik-ulm.de
Prof. Dr. Winfried V. Kern
Medizinische Universitätsklinik
Sektion Klinische Infektiologie
Abteilung Innere Medizin I Hämatologie und Onkologie
Hugstetterstr. 55
79106 Freiburg
winfried.kern@uniklinik-freiburg.de

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Reference:

Quellenangabe:

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