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Primäre Myelofibrose (PMF)

ICD-10 D47.1, D47.4
Stand September 2025
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1Zusammenfassung

Die Myelofibrose ist eine seltene klonale Erkrankung der pluripotenten hämatopoetischen Stamm- und Progenitorzellen. Charakteristisch ist die abnorme Proliferation der Hämatopoese, verbunden mit einer pathologisch gesteigerten Faserbildung im Knochenmark, was durch eine Dysregulation des JAK2-Signalwegs verursacht wird. Die Myelofibrose kann entweder de novo als primäre Myelofibrose (PMF) oder sekundär aus einer Polycythaemia Vera (PV) oder einer essentiellen Thrombozythämie (ET) als sogenannte post-PV- (post-PV-MF) bzw. post-ET-Myelofibrose (post-ET-MF) entstehen, die auch als sekundäre Myelofibrosen bezeichnet werden. Die letzte Aktualisierung der diagnostischen Kriterien durch die WHO erfolgte im Jahr 2016. Hier wurde auch die präfibrotische (präPMF) neben der „klassischen“ fibrotischen (‚overt fibrotic‘) primären Myelofibrose (PMF) als neue Subentität der PMF definiert. Charakteristisch für die präPMF ist eine initiale Thrombozytose, wohingegen bei der PMF häufig schon zu Beginn eine Anämie vorliegt. Eine Splenomegalie ist bei Diagnose der ‚overt fibrotic‘ PMF häufiger nachweisbar als bei präPMF.

Die Myelofibrose (MF) ist eine seltene, klonale Erkrankung der pluripotenten hämatopoetischen Stamm- und Progenitorzellen. Charakteristisch ist die abnorme Proliferation der Hämatopoese, verbunden mit einer pathologisch gesteigerten Faserbildung im Knochenmark, was primär durch Aktivierung des JAK2-Signalwegs verursacht wird [1]. Die Myelofibrose (MF) kann entweder de novo als primäre Myelofibrose (PMF) oder sekundär aus einer Polycythaemia Vera (PV) oder einer essentiellen Thrombozythämie (ET) als sogenannte post-PV- (post-PV-MF) bzw. post-ET-Myelofibrose (post-ET-MF) entstehen. Die letzten beiden werden auch als sekundäre Myelofibrosen bezeichnet. Die Aktualisierung der diagnostischen Kriterien durch die WHO und ICC erfolgte zuletzt im Jahr 2022. Hier wurde weiterhin die präfibrotische (präPMF) neben der „klassischen“ fibrotischen (‚overt fibrotic‘) primären oder den sekundären Myelofibrose als Subentität der Myelofibrose definiert. Charakteristisch für die präPMF ist eine initiale alleinige Thrombozytose, wohingegen bei der manifesten Myelofibose häufig schon bei Diagnosestellung eine Anämie vorliegt. Eine Splenomegalie ist bei Diagnose der ‚overt fibrotic‘ MF ebenfalls häufiger nachweisbar als bei der präPMF.

Die Prognose wird vom Alter der Patient*innen, konstitutionellen Symptomen sowie von hämatologischen und genetischen Parametern bestimmt. Hier gewinnen die zytogenetischen und molekulargenetischen Parameter zunehmend an Bedeutung. Zu den häufigsten Todesursachen der PMF gehören die Transformation in eine akute myeloische Leukämie, kardiovaskuläre Erkrankungen und Infektionen. Die einzige potentiell kurative Therapie ist die allogene Stammzelltransplantation. Sie ist in der Regel bei geeigneten Patient*innen mit ungünstiger Prognose, d.h. Intermediärrisiko 2 bzw. Hochrisiko, indiziert. Für die symptomatische Therapie stehen unterschiedliche medikamentöse Optionen sowie die lokale Behandlung der Splenomegalie zur Verfügung. In den letzten Jahren hat sich die gezielte orale Therapie mit dem JAK1- und JAK2-Inhibitor Ruxolitinib zu einer fest etablierten Therapie der Myelofibrose entwickelt. Seit Februar 2020 ist auch Fedratinib, ein JAK2- und FLT3-Inhibitor, in der EU zugelassen. Studienergebnisse mit weiteren JAK-Inhibitoren, Kombinationstherapien und neuen Medikamenten zeigen Wirksamkeit und weisen auf zukünftige Therapieentwicklungen hin.

Die Prognose der MF wird vom Alter der Pat., vorliegenden konstitutionellen Symptomen sowie von hämatologischen und genetischen Parametern bestimmt. Heute gewinnen zunehmend die zytogenetischen und molekulargenetischen Parameter an Bedeutung. Zu den häufigsten Todesursachen der Myelofibrose (MF) gehören die Transformation in eine akute myeloische Leukämie, Infektionen und kardiovaskuläre Erkrankungen. Die einzige potentiell kurative Therapie ist die allogene Stammzelltransplantation (alloSZT). Sie ist in der Regel bei alloSZT-tauglichen Pat. mit ungünstiger Prognose, d.h. hohem oder sehr hohem Risiko nach dem MIPSS70+ v2.0, indiziert. Für die symptomatische Therapie der Myelofibrose stehen unterschiedliche Therapieoptionen zur Verfügung. In den letzten Jahren hat sich die orale Therapie mit dem JAK1- und JAK2-Inhibitor Ruxolitinib als Standardtherapie der Myelofibrose etabliert. Seit 2021 ist auch Fedratinib, ein JAK2- und FLT3-Inhibitor, in der EU zugelassen. In der Schweiz ist Fedratinib seit dem 28.02.2025 nicht mehr verfügbar, da die befristete Zulassung von der Swissmedic nicht weitergeführt wurde. Seit 2024 steht nun auch Momelotinib, ein JAK1/JAK2 und ACVR1/ALK2-Inhibitor, für die Therapie der MF in der EU (unabhängig vom Risikoscore) und der Schweiz (hier nur bei intermediärem oder hohem Risikoscore) bei moderater oder schwergradiger Anämie bzw. nach Vorbehandlung mit Ruxolitinib zur Verfügung. Momelotinib ist im Vergleich zu den anderen beiden JAK-Inhibitoren besonders effektiv bei klinisch symptomatischer moderater bis schwerer Anämie. Studienergebnisse mit weiteren JAK-Inhibitoren, Kombinationstherapien und neuen Substanzen zeigen ebenfalls signifikante Wirksamkeiten und weisen auf zukünftige Therapieentwicklungen hin, sind derzeit aber noch nicht für die klinische Routine verfügbar.

2Grundlagen

2.1Definition und Basisinformationen

Die Primäre Myelofibrose (PMF)(MF) gehört zu den BCR-ABL1BCR::ABL1-negativen chronischen myeloproliferativen Neoplasien (MPN) (siehe Onkopedia Myeloproliferative Neoplasien) (frühere Bezeichnungen: Osteomyelofibrose (OMF), chronische idiopathische Myelofibrose (CIMF) und idiopathische Myelofibrose (IMF)(IMF)). Auf der Basis der WHO Klassifikation 2008 wird die Erkrankung einheitlich als primäre Myelofibrose (PMF)(MF) bezeichnet. In der WHO-Klassifikation WHO Klassifikation von 2016 wird die PMFMF erstmals in die „präfibrotische“ (prä)PMF Myelofibrose (präPMF) mit Retikulinfibrose bis maximal Grad 1 (auf einer Skala von 0 bis 3) und die klassische fibrotische Myelofibrose (PMF) , sogenannte ‚overt fibrotic‘ Myelofibrose (Myelofibrose mit Retikulin- oder Kollagenfibrose Grad 2 oder 3) unterteilt. Neben der präPMF und der PMFMF werden auch die Essentielle Thrombozythämie (ET) und die Polycythaemia Vera (PV) zu den klassischen Philadelphia-Chromosom-negativen bzw. BCR::ABL1-negativen MPN-Entitäten gezählt BCR-ABL1[23]. Darüber hinaus entwickeln etwa 15% der Pat. mit ET oder PV im Laufe der Zeit einen MF ähnlichen Phänotyp, der als Post-ET- oder Post-PV-MF bezeichnet wird [23]-negativen MPN-Entitäten gezählt. Darüber hinaus entwickeln etwa 15% der Patient*innen mit ET oder PV im Laufe der Zeit einen PMF-ähnlichen Phänotyp, der als Post-ET- oder Post-PV-MF bezeichnet wird . Die Internationale Konsensus-Klassifikation (ICC) für hämatologische Erkrankungen und die fünfte Ausgabe der Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die 2022 veröffentlicht wurden, ordnen die Myelofibrose (MF) weiterhin den „klassischen“ BCR::ABL1-negativen MPN zu [23].. Die Klassifikation der WHO von 2022 bleibt im Vergleich zur vierten WHO Auflage von 2016 weitgehend unverändert [3]. Die ICC Klassifikation von 2022 unterstreicht bei Diagnosestellung der primären und sekundären Myelofibrose die Rolle der Knochenmarkhistologie in dem diese genau auf die entsprechenden Knochenmarkveränderungen der Hämatopoese und der Fibrose eingeht [2]. Die ICC empfiehlt außerdem, Treibermutationen mit hochsensitiven Assays durchzuführen, die mindestens eine minimale Varianz-Allel-Häufigkeit (VAF) von 1 % detektieren können. Ebenso sollten ‚triple‘ negative Fälle nach nicht-kanonischen JAK2/MPL-Mutationen und Fälle mit niedriger JAK2 VAF nach koexistierenden kanonischen CALR/MPL-Mutationen untersucht werden [2].

2.2Epidemiologie

Die PMF ist eine seltene Erkrankung mit einer jährlichen Inzidenz von 0,5 bis 1,5 pro 100.000 Einwohner Nach wie vor sind die epidemiologischen Daten bei den MPN limitiert und es gibt nur wenige Studien, die sich epidemiologisch ausführlich und spezifisch mit der Myelofibrose (MF) befassen. Die MF ist eine seltene Erkrankung mit einer jährlichen Inzidenz von 0,22 bis 0,99 pro 100.000 Einwohner [4]. Sie ist überwiegend eine Erkrankung des älteren Menschen. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung liegt bei 65 Jahren. Etwa 20% der Patienten sind jünger als 56 Jahre und ca. 11% sind jünger als 46 Jahre . Sie ist überwiegend eine Erkrankung des älteren Menschen. Sowohl bei den Prävalenz- als auch bei den Inzidenzschätzungen gibt es große Unterschiede zwischen den Datenquellen [4]. Männer sind häufiger (65%) von der Erkrankung betroffen. Die PMF ist nach dem derzeitigen Wissensstand nicht vererbbar. Familiäre Häufungen kommen jedoch vor. Patient*innen mit präPMF sind mit einem mittleren Alter von 57 Jahren jünger als solche mit ‚overt fibrotic‘ PMF und auch hier sind Männer etwas häufiger betroffen (56%) . Das mittlere Alter bei Diagnosestellung liegt bei 65 Jahren. Etwa 20% der Patienten sind jünger als 56 Jahre und ca. 11% sind jünger als 46 Jahre. Männer sind häufiger (65%) von der Erkrankung betroffen. Die MF ist nach dem derzeitigen Wissensstand nicht vererbbar. Familiäre Häufungen kommen jedoch vor. Pat. mit präPMF sind mit einem mittleren Alter von 57 Jahren jünger als solche mit ‚overt fibrotic‘ MF und auch hier sind Männer etwas häufiger betroffen (56%) [56].

2.3Pathogenese

Die PMFMyelofibrose (MF) ist eine biologisch und klinisch heterogene Erkrankung. Sie entsteht auf der Ebene der hämatopoetischen Stammzelle. Durch die Entdeckung krankheitsassoziierter somatischer Genmutationen (sog. Treiber- oder ‚Driver‘-Mutationen) können mehrere molekulare Subtypen unterschieden werden (siehe Tabelle 1). Die Mutationen sind z. T. auch bei den anderen myeloproliferativen Neoplasien MPN nachweisbar. Die Folge sind konstitutiv aktivierte Signaltransduktionswege (z.B. von JAK2), die zurzu einer gesteigerten und von hämatopoetischen Wachstumsfaktoren unabhängigen Zellproliferation Hyperproliferation der Hämatopoiese führen. Weitere genetische und epigenetische Aberrationen sowie Interaktionen mit dem Knochenmarksstroma und dem Immunsystem beeinflussen das Krankheitsbild. Heute wird davon ausgegangen, dass eine abnorme ZytokinproduktionZytokin Produktion durch klonale Zellen und eine spezielle Immunreaktion des Patienten zu den PMF-assoziiertenMF assoziierten Veränderungen des Knochenmarkstromas, einer ineffektiven Erythropoese und auch den konstitutionellen Symptomen beitragen.

Die häufigste genetische AberrationDNA-Veränderung liegt im Gen der Janus-Kinase 2 (JAK2V617F), gefolgt von (JAK2V617F), gefolgt von der Calreticulin- (CALR-)) und der Thrombopoetin-Rezeptor (MPL)-Mutationen) Mutation. Die bessere Prognose von der CALR-mutierter PMF kann auf die häufigere Typ 1- oder Typ 1- ähnliche und prognostisch günstige Variante dieser Mutation zurückgeführt werden (-mutierten MF kann auf die häufigere Typ 1 Variante dieser Mutation zurückgeführt werden (Tabelle 1). Diese ‚Driver‘-Mutationen“ schließen sich in der Regel gegenseitig aus, so dass nur eine dieser drei Mutationen vorliegt. Bei ca. 10% der Patient*innen liegt keine dieser drei Mutationen vor, weshalb diese als ‚triple‘-negativ bezeichnet werden. Die ‚triple‘-negative Myelofibrose hat eine signifikant kürzere Überlebenszeit ). Die drei ‚Driver‘-Mutationen“ schließen sich in der Regel gegenseitig aus, so dass in der überwiegenden Mehrzahl dieser Fälle nur eine dieser Treiber-Mutationen vorliegt. Bei ca. 10% der Pat. liegt keine dieser drei Treiber-Mutationen vor, weshalb diese als ‚triple‘ negativ bezeichnet werden. Die ‚triple‘ negative MF hat eine signifikant kürzere Überlebenszeit [7].

Tabelle 1: Klonale genetische Aberrationen bei Primärer Myelofibrose (‚Driver‘-Mutationen)Klonale genetische Aberrationen bei der primären Myelofibrose (sogenannte Treiber- oder ‚Driver‘-Mutationen) 

Gen

Protein

Mutation

Frequenz bei PMFprimärer Myelofibrose (PMF)

JAK2

JAK2

Januskinase 2

V617F

ca. 60%

MPL

MPL

Thrombopoietin-Rezeptor

W515 und seltenere andere MutationenMPL Mutationen

ca. 5-8%

CALR

CALR

Calreticulin

unterschiedlich, in Exon 9

ca. 20-25% aller PMF-Fälle, dabei Typ 1 (eine Deletion)(52 bp-Deletion) ca. 19% und Typ 2 (eine Insertion)(5bp-Insertion) ca. 6%

„triple negative „negativ“

Kein JAK2/MPL oder CALR JAK2/MPL oder CALR

ca. 10%

Zusätzlich zu den ‚Driver‘-Mutationen“ JAK2-, CALR- und MPL finden sich nicht selten weitere Genmutationen. Hierbei handelt es sich um sog. ‚Non-Driver’sogenannte ‚Non-Driver’- oder ‚Passenger‘-Mutationen (z.B. in den Genen TET2 (17%), ASXL1 (13%), EZH2 (7%), DNMT3A (7%), IDH1/IDH2 (4%), SRSF2 (17%), U2AF1 (16%) SF3B1 (7%), TP53 (4%) sowie auch Mutationen im NF-E2 Gen) Gen (3,5%)). Diese Mutationen sind nicht MPN-spezifisch, da sie auch bei anderen myeloischen Neoplasien auftreten können. Es wird allgemein angenommen, dass die ‚Driver‘-Mutationen für den MPN-Phänotyp bedeutsam sind, während die ‚Non-Driver‘-Mutationen zum Fortschreiten der Erkrankung und zur leukämischen Transformation beitragen können. Bei der PMF gelten die Mutationen in ASXL1, EZH2, IDH1/IDH2, SRSF2 und TP53 [8]als sogenannte. Bei der PMF gelten Mutationen in ASXL1, EZH2, IDH1/IDH2, SRSF2, U2AF1molekulare Hoch-Risikomutationen, die mit einer schlechten Prognose assoziiert sind. Neuerdings wird auch die Q157U2AF1 und TP53 Q157 Mutation zu den Hoch-Risikomutationen gezählt als sogenannte molekulare Hoch-Risikomutationen (HMR), da diese mit einer schlechteren Prognose assoziiert sind. Auch Karyotyp Anomalien haben prognostische Bedeutung. In einer Analyse von über 1000 PMF-Patienten konnten drei zytogenetische Risikogruppen identifiziert werden, welche einen Einfluss auf die Überleben Wahrscheinlichkeit hatten [9].

Auch Karyotypanomalien haben prognostische Bedeutung. In einer Analyse von über 1000 PMF-Patienten konnten drei zytogenetische Risikogruppen identifiziert werden, welche Einfluss auf die Überlebensprognose hatten.

  • Sehr hohes Risiko: hier einfache/ mehrfache Anomalien von -7, i(17q), inv(3)/3q21, 12p-/12p11.2, 11q-/11q23 oder andere autosomale Trisomien, die nicht + 8/ + 9 umfassen (z. B. +21, +19).

    Sehr hohes Risiko: Monosomie oder Deletion des langen Arms von Chromosom 7, i(17q), inv(3)/3q21, 12p-/12p11.2, 11q-/11q23 oder andere autosomale Trisomien, die nicht +8, +9 umfassen (z. B. +21, +19).

  • Günstiges RisikoGünstiges Risiko:: normaler Karyotyp oder alleinige Anomalien von 13q-, +9, 20q-, Chromosom 1 Translokation/ Duplikation oder Geschlechtschromosom Anomalie einschließlich –Y.

  • Hohes oder "ungünstiges" RisikoHohes oder "ungünstiges" Risiko:: alle anderen Anomalien.

Der Einfluss der Zytogenetik auf das Überleben war dabei unabhängig von klinisch abgeleiteten Prognosesystemen, ‚Driver‘-Mutationen und der ASXL1- oder SRSF2-Mutationen oder der SRSF2-Mutation [9].

Bei der präPMF liegt im Vergleich zur ‚overt fibrotic‘ PMF eine ähnliche Verteilung der drei Treibermutationen vor. Allerdings ist der Anteil der beiden Hochrisikomutationen Bei der präPMF liegt im Vergleich zur ‚overt fibrotic‘ PMF eine ähnliche Verteilung der drei Treibermutationen vor. Allerdings ist der Anteil der beiden Hochrisikomutationen ASXL1 und EZH2 gegenüber der PMF signifikant niedriger [56]. Bei der präPMF liegt auch zumeist ein günstigerer Karyotyp vor.

Diese biologischen Parameter werden zunehmend für die prognostische Einschätzung innerhalb von Scores für die PMF verwendet. Letztlich besteht noch erheblicher Klärungsbedarf, welche genetische Konstellation für die Heterogenität der Erkrankung verantwortlich ist.

3Vorbeugung und Früherkennung

Zur Vorbeugung, Früherkennung und bzgl. spezieller Risikofaktoren für die Krankheitsentstehung liegen keine Daten bzw. Empfehlungen vor. Bei familiären Häufungen von MPN, aber auch bei gehäuften weiteren Krebserkrankungen über mehrere (mindestens drei) Generationen, wird eine humangenetische Beratung empfohlen (vorzugsweise nach Rücksprache mit einer entsprechenden Einrichtung zur vorherigen Besprechung der individuellen Indikation).

Zur Vorbeugung, Früherkennung und bzgl. spezieller Risikofaktoren für die Krankheitsentstehung liegen keine Daten bzw. Empfehlungen vor. Bei familiären Häufungen von MPN, aber auch bei gehäuften weiteren Krebserkrankungen über mehrere (mindestens drei) Generationen, wird eine humangenetische Beratung empfohlen (vorzugsweise nach Rücksprache mit einer entsprechenden Einrichtung zur vorherigen Besprechung der individuellen Indikation). Die Definition familiäre Häufung ist unabhängig von der Anzahl der betroffenen Generationen. Eine familiäre Häufung liegt vor, wenn in einer Familie mehrere Verwandte ersten oder zweiten Grades an derselben oder verwandten Krebserkrankung leiden.

4Klinisches Bild

Die klassische fibrotische (‚overt fibrotic‘) PMFMF präsentiert sich typischerweise mit der Trias aus Anämie, Splenomegalie und sogenannten konstitutionellen Symptomen (Nachtschweiß, Fieber, Gewichtsverlust). Im initialen Stadium ist die PMF meist asymptomatisch. Oftmals finden sich erste Anzeichen im Rahmen von Routineuntersuchungen, z.B. Blutbildveränderungen (hierbei am häufigsten eine Anämie und/oder eine abnormale Thrombozytenzahl und oder ein leukoerythroblastisches Blutbild) oder eine Splenomegalie. Schwerwiegende klinische Probleme können durch thromboembolische Komplikationen verursacht werden, die sich wie bei anderen MPN auch in atypischen Lokalisationen manifestieren können (z.B. Pfortader- und Milzvenenthrombose, Budd Chiari Syndrom etc.). Die Rate venöser Thromboembolien liegt bei 1,7% pro Patient und Jahr, die Hälfte hiervon in atypischen Lokalisationen. Thromboembolische Komplikationen können als Erstmanifestation vor Diagnose oder zum Diagnosezeitpunkt vorliegen. präsentiert sich typischerweise mit der Trias Anämie, Splenomegalie und konstitutionellen Symptomen (konstitutionelle Symptome sind per definitionem: Nachtschweiß, Fieber und/ oder Gewichtsverlust). Im initialen Stadium ist die MF meist asymptomatisch. Oftmals finden sich erste Anzeichen im Rahmen von Routineuntersuchungen, z.B. Blutbildveränderungen (hierbei am häufigsten eine Anämie und/oder eine abnormale Thrombozytenzahl und/oder ein leukoerythroblastisches Blutbild) oder eine Splenomegalie. Schwerwiegende klinische Probleme können durch thromboembolische Komplikationen verursacht werden, die sich wie bei anderen MPN auch in atypischen Lokalisationen manifestieren können (z.B. Pfortader- und Milzvenenthrombose, Budd Chiari Syndrom etc.). Die Rate venöser Thromboembolien liegt bei 1,7% pro Patient und Jahr, die Hälfte hiervon in atypischen Lokalisationen. Thromboembolische Komplikationen können als Erstmanifestation vor Diagnose oder zum Diagnosezeitpunkt vorliegen.

Das klinische Bild der präPMF entspricht bei Diagnosestellung zumeist dem der ET und unterscheidet sich deutlich von der klassischen ‚overt fibrotic‘ PMF. Häufig sind die Patient*innen asymptomatisch und fallen bei Blutbilduntersuchungen durch die Thrombozytose auf oder haben thromboembolische Komplikationen. Verglichen mit der ‚overt fibrotic‘ PMF finden sich bei der präPMF in der Regel keine periphere Zytopenie (Anämie, Thrombzytopenie, Leukozytopenie) oder Blasten im Blutbild. Eine Splenomegalie bei Diagnose ist bei der ‚overt fibrotic‘ PMF häufiger (83%) nachweisbar als bei präPMF (64%) entspricht bei Diagnosestellung oft dem der ET und unterscheidet sich von der klassischen ‚overt fibrotic‘ MF [56]. Häufig sind präPMF Pat. asymptomatisch und fallen bei Blutbilduntersuchungen durch eine Thrombozytose auf oder haben thromboembolische Komplikationen. Klinisch können sich präPMF Pat. aber auch mit Myelofibrose typischen Symptomen wie Müdigkeit, Nachtschweiß, Knochenschmerzen vorstellen, häufig liegt dann auch eine Splenomegalie und/oder eine leichte Anämie vor. Eine strukturierte Bewertung der Symptome anhand validierter Bewertungsskalen (z. B. MPN10 oder MPN-SAF) wird bei allen MPN aber insbesondere auch bei der präPMF empfohlen, da die ärztliche Bewertung die Komplexität und den Schweregrad der Symptome häufig unterschätzt [10]. Verglichen mit der ‚overt fibrotic‘ MF finden sich in der Regel bei der präPMF selten periphere Zytopenien (Anämie, Thrombozytopenie, Leukozytopenie) oder Blasten im Blut. Eine Splenomegalie bei Diagnose ist bei der ‚overt fibrotic‘ MF häufiger (83%) als bei der präPMF (64%) [56].

4.1Krankheitsverlauf

Verglichen mit der ‚overt fibrotic‘ PMFMF ist die präPMF nach den aktuellen Vorstellungen als ein sehr frühes Stadium der PMFMF aufzufassen mit der eindeutigen Tendenz über einen zumeist längeren Zeitraum in das Vollbild der PMFmanifesten MF überzugehen. Die zeitliche Dauer dieserder Phase des Überganges ist sehr unterschiedlichhoch variabel (Abbildung 1). Die Überlebensprognose der präPMF (15-Jahresüberlebensrate 59%) war in einer retrospektiven Analyse zwar schlechter als bei der ET, aber deutlich besser als bei der klassischen ‚overt fibrotic‘ PMF ). Es ist erwiesen, dass die präPMF eine schlechtere Prognose als die ET aufweist und mit einem erhöhten Blutungsrisiko und einer größeren Neigung zum Fortschreiten zu einer Fibrose bzw. auch einer Transformation in die Blastenphase einhergeht. Die Überlebensprognose der präPMF (15 Jahresüberlebensrate 59%) war in einer retrospektiven Analyse zwar schlechter als die der ET, aber deutlich besser als bei der klassischen ‚overt fibrotic‘ MF mit 17,6 versus 7,2 Jahren [6]. Allerdings geht aus bisher noch ungeklärten Gründen nicht jede präPMF in eine ‚overt fibrotic‘ PMF über. Bedingt durch die klinischen Unterschiede von präPMF und ‚overt fibrotic‘ PMF bei Diagnose, aber auch während des Krankheitsverlaufes, stehen in jedem Stadium der Erkrankung unterschiedliche therapeutische Maßnahmen im Vordergrund, die den individuellen Erfordernissen anzupassen sind (. Viele Patienten mit präPMF entwickeln sich zu einer ‚overt fibrotic‘ MF, aber der Zeitpunkt des Fortschreitens zu einer höhergradigen Fibrose ist unklar. Außerdem gibt es für diese Progression keine etablierten prädiktiven Biomarker. Es kann Jahre dauern (manchmal 10-20 Jahre), bevor die Fibrose fortschreitet. Die präzise Diagnosestellung einer präPMF ist daher besonders für jüngere Patienten wichtig, um sicherzustellen, dass der Transformationszeitpunkt rechtzeitig erkannt wird, insbesondere im Hinblick auf den Übergang von der präPMF zur ‚overt fibrotic‘ MF, oder zur Akzelerations- oder Blastenphase. Bedingt durch die klinischen Unterschiede von präPMF und ‚overt fibrotic‘ MF bei Diagnose, aber auch während des Krankheitsverlaufes, stehen in jedem Stadium der Erkrankung unterschiedliche therapeutische Maßnahmen im Vordergrund, die den individuellen Erfordernissen anzupassen sind (Abbildung 1).

Unabhängig von der jeweiligen Ausgangslage ist der natürliche Verlauf der Erkrankung mit einem Übergang in das Vollbild der ‚overt fibrotic‘ PMFMF verbunden. Das klinische Bild wird hierhierbei bestimmt durch die Fibrose im Knochenmark mit Verdrängung der normalen Blutbildung und ineffektiver Auftreten einer ineffektiven Hämatopoese (Anämie, Thrombozytopenie, Leukozytopenie, in der Regel begleitet von einer LDH-Erhöhung) und vorliegenden Allgemeinsymptomen (Fatigue, Leistungsminderung, Fieber, Nachtschweiß, Appetitlosigkeit, Knochenschmerzen und Gewichtsverlust bis zur Kachexie). Die ineffiziente Erythropoese und die extramedulläre hepatosplenische Hämatopoese sind die Hauptursachen für die Anämie und die Organomegalie, insbesondere die Splenomegalie. Zu weiteren Krankheitskomplikationen gehören eine symptomatische portale Hypertension, die zu Varizenblutungen und/ oder Aszites führen kann, sowie eine nicht-hepatosplenische extramedulläre Hämatopoese. Letztere kann eine Kompression von Organen (z.B. medulläre Kompressionen mit neurologischen Symptomen) und eine pulmonale Hypertonie verursachen oder auch zu diffusen Schmerzen in den Extremitäten führen. Die häufigsten Todesursachen der PMF Myelofibrose (MF) sind die Transformation in eine akute myeloische Leukämiedie Blastenphase der Erkrankung (20%), kardiovaskuläre Erkrankungen (12%) Infektionen (10%) und Infektionen (10%) kardiovaskuläre Ereignisse (12%) [4].

Abbildung 1: Heterogenes klinisches Spektrum der PMFpräfibrotischen Myelofibrose (präPMF) 
Heterogenes klinisches Spektrum der PMFpräfibrotischen Myelofibrose (präPMF)

5Diagnose

Die Diagnose aller Manifestationsformen der Myelofibrose (MF) innerhalb der MPN (‚overt (präPMF, ‚overt fibrotic‘ PMF, präPMF, Post-PV-MF und Post-ET-MF) wird auf der Basis der WHO und ICC Kriterien aus dem Jahr 20162022 gestellt [23]. Die WHO Kriterien 2016 berücksichtigen sowohl klinische Befunde (palpable Splenomegalie) als auch Laborparameter (Blutbild, Molekulargenetik etc.). Der Befund einer Knochenmarkhistologie muss bei Diagnosestellung nach den WHO Kriterien 2016 obligat vorliegen.. Diese Kriterien berücksichtigen sowohl klinische Befunde (palpable Splenomegalie) als auch Laborparameter (Blutbild, Molekulargenetik etc.). Der Befund einer Knochenmarkhistologie muss nach beiden Kriterien (WHO und ICC 2022) bei Diagnosestellung obligat vorliegen.

Beispiele der mikroskopischen Diagnostik finden Sie unter eLearning Curriculum Hämatologie (eLCH), https://ehaematology.com/.

5.1Diagnose-Kriterien nach WHO

5.1.1Diagnose-Kriterien der präfibrotischen PMF

Die WHO Kriterien 2016 definieren die Kriterien für die Subentität der präfibrotischen primären Myelofibrose (präPMF) (siehe In der WHO Klassifikation von 2016 wurde die präPMF als Unterkategorie innerhalb der MF eingeführt. Die aufgestellten diagnostischen Kriterien dienten der genauen Abgrenzung und Unterscheidung der präPMF von den anderen MPN, insbesondere von einer essentiellen Thrombozythämie (ET), einer ‚overt fibrotic‘ MF und in geringerem Maße auch einer Polyzythämia vera (PV). Die WHO-Kriterien 2016 und 2022 sowie die International Consensus Criteria (ICC) 2022 sind für die präPMF ähnlich und weisen nur geringfügige Unterschiede auf (siehe Tabelle 2 und 3).

Tabelle 2: Diagnose Kriterien der präPMF (WHO 2016) präfibrotischen Myelofibrose (präPMF) nach ICC 2022 [2] 

Hauptkriterien

  • Megakaryozytäre  1. Knochenmarkhistologie mit megakaryozytärer Proliferation und Atypien ohne1 Retikulinfibrose >Grad 1, gleichzeitig altersabhängig gesteigerte Zellularität, granulozytäre Proliferation und häufig reduzierte Erythropoese, Knochenmark Fibrose Grad < 2, erhöhte altersadjustierte Zelldichte, granulozytäre Proliferation und (oft) verminderter Erythropoese.

  • JAK2-, CALR- oder MPL-Mutation2 oder Vorhandensein eines anderen klonalen Markers3 oder Fehlen einer reaktiven Retikulinfibrose im Knochenmark4.

  • Diagnostische Kriterien für BCR::ABL1-positive CML, PV, ET, myelodysplastische Erkrankungen oder andere myeloische Neoplasmen sind nicht erfüllt.

  • WHO Kriterien für BCR-ABL1+ CML, PV, ET, PMF, MDS oder andere MPN nicht erfüllt.

  • JAK2-, MPL- oder CALR-Mutation oder anderer klonaler Marker vorhanden1 oder kein Nachweis einer geringgradigen reaktiven Knochenmarkfibose2.

Nebenkriterien

 

  • Anämie, die nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen ist.

  • Leukozyten ≥ 11 x 109/l.

  • Palpable Splenomegalie.

  • Erhöhte LDH.

Nebenkriterien

Vorhandensein von mindestens einem der folgenden Punkte, bestätigt durch 2 aufeinanderfolgende Bestimmungen

  • Anämie, die nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen ist

  • Palpable Splenomegalie

  • Leukozyten ≥11 x 109/l

  • Erhöhte LDH

1 Im Falle einer ‚triple‘-negativen Myelofibrose helfen die häufigsten ‚Non-Driver’ oder ‚Passenger‘-Mutationen (z.B. ASXL1, EZH2, TET2, IDH1/IDH2, SRSF2, SF3B1), die Klonalität der Erkrankung zu untermauern. Die Morphologie der Megakaryozyten bei präPMF und ‚overt fibrotic‘ MF zeigen in der Regel einen höheren Grad an Megakaryozyten Atypien als bei jedem anderen MPN-Subtyp; zu den charakteristischen Merkmalen der Megakaryozyten gehören kleine bis riesige Megakaryozyten mit einer Prävalenz schwerer Reifungsdefekte (wolkenartige, hypolobulierte und hyperchromatische Kerne) und das Vorhandensein abnormaler großer, dichter Cluster (meist > 6 Megakaryozyten, die eng nebeneinander liegen).
2Wie bei leichter (Grad 1) Retikulinfibrose infolge einer Infektion, einer Autoimmunerkrankung oder einer anderen chronischen Entzündung, einer Haarzellenleukämie oder einer anderen lymphatischen Neoplasie, einem metastasierenden Malignom oder einer toxischen (chronischen) Myelopathie.Es wird empfohlen, hochsensitive Assays für JAK2 V617F (Sensitivität < 1 %) und CALR und MPL (Sensitivität 1 bis 3 %) zu verwenden; in negativen Fällen sollte nach nicht-kanonischen JAK2- und MPL-Mutationen gesucht werden.
3Bestimmt durch Zytogenetik oder empfindliche NGS-Techniken; der Nachweis von Mutationen, die mit myeloischen Neoplasmen assoziiert sind (z. B. ASXL1-, EZH2-, IDH1-, IDH2-, SF3B1-, SRSF2- und TET2-Mutationen), unterstützten den klonalen Charakter der Erkrankung.
4Minimale Retikulinfibrose (Grad 1) als Folge einer Infektion, einer Autoimmunerkrankung oder anderer chronischer Entzündungen, einer Haarzellenleukämie oder einer anderen lymphatischen Neoplasie, eines metastasierenden Malignoms oder toxischer (chronischer) Myelopathien.

Die Diagnose präPMF wird gestellt, wenn Die Diagnose präPMF nach ICC 2022 Kriterien kann gestellt werden, wenn alle drei drei Hauptkriterien und mindestens ein Nebenkriterium (das in zwei aufeinanderfolgenden Bestimmungen bestätigt wurde), vorliegen.

Tabelle 3: Diagnose Kriterien der präfibrotischen Myelofibrose (präPMF) nach WHO 2022 [3] 

Hauptkriterien

 1. Megakaryozytäre Proliferation und Atypien:

  • Vorhandensein einer Megakaryozyten Proliferation und Atypie ohne signifikante Retikulinfibrose (Retikulinfibrose Grad 0-1).

  • Altersabhängige Erhöhung der Zelldichte mit granulozytärer Proliferation und einer häufig verminderten Erythropoese.

 2. Ausschluss anderer myeloischer Neoplasien:

  • Ausschluss von Diagnosen wie BCR-ABL1 + chronische myeloische Leukämie, Polyzythemia vera, Essenzielle Thrombozytämie, myelodysplastische Erkrankungen und andere myeloische Neoplasien.

 3. Nachweis klonaler Marker:

  • Nachweis einer JAK2-, CALR- oder MPL-Mutation oder, falls diese Mutationen nicht vorhanden sind, Nachweis eines anderen klonalen Markers, der auf eine myeloische Neoplasie hinweist1, oder Fehlen einer reaktiven Knochenmarkfibrose2.

Nebenkriterien

  • Anämie, die nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen ist.

  • Leukozyten ≥ 109/l.

  • Palpable Splenomegalie.

  • Erhöhte LDH.

1 Im Falle einer ‚triple‘-negativen Myelofibrose helfen die häufigsten ‚Non-Driver’ oder ‚Passenger‘-Mutationen (z.B. ASXL1, EZH2, TET2, IDH1/IDH2, SRSF2, SF3B1), die Klonalität der Erkrankung zu untermauern
2Wie bei leichter (Grad 1) Retikulinfibrose infolge einer Infektion, einer Autoimmunerkrankung oder einer anderen chronischen Entzündung, einer Haarzellenleukämie oder einer anderen lymphatischen Neoplasie, einem metastasierenden Malignom oder einer toxischen (chronischen) Myelopathie.

Die Diagnose präPMF nach den WHO 2022 Kriterien kann gestellt werden, wenn alle drei Hauptkriterien und mindestens ein Nebenkriterium (das in zwei aufeinanderfolgenden Bestimmungen bestätigt wurde), vorliegen.

5.1.2Diagnose-Kriterien der PMFprimären und sekundären Myelofibrose

Die Diagnosekriterien der ‚overt fibrotic‘ PMF wurden in der WHO Klassifikation 2016 gegenüber der vorausgegangenen Version modifiziert und auch dem aktuellen Stand der molekularen Diagnostik angepasst (Die WHO-Kriterien 2022 sowie die International Consensus Criteria (ICC) für die primäre und sekundäre Myelofibrose sind ähnlich und weisen nur geringfügige Unterschiede auf. Daher beschränken sich die Leitlinien hier auf die ICC 2022 Kriterien [2], da im Vergleich zur vierten Auflage von 2016 die WHO 2022 Klassifikation für die primäre und sekundäre Myelofibrose weitgehend unverändert geblieben ist. Demgegenüber unterstreicht die ICC Klassifikation von 2022 sowohl bei der primären als auch bei der sekundären Myelofibose besonders die Rolle der Knochenmarkhistologie in dem diese genau auf die entsprechenden Knochenmarkveränderungen der Hämatopoese und der Fibrose eingeht. Daher werden hier für die primäre Myelofibrose (PMF), die Post-Polycythaemia Vera-Myelofibrose (Post-PV-MF) bzw. die Post-Essentiellen Thrombozythämie-Myelofibrose (Post-ET-MF), nur die International Consensus Criteria (ICC) von 2022 angegeben (Tabellen 4, 5 und Tabelle 36).

Tabelle 4: Diagnosekriterien der ‚overt fibrotic‘ PMF (WHO 2016) primären Myelofibrose (PMF) nach ICC 2022 [2] 

Hauptkriterien

  • Megakaryozytäre Proliferation und Atypien, begleitet von Retikulin- und/oder Kollagenfibrose Grad 2 oder 3

  1. Knochenmarkhistologie mit Megakaryozyten Proliferation und Atypie1, begleitet von Retikulin und/oder Kollagen Fibrose Grad 2 oder 3.

  2. JAK2-, CALR- oder MPL-Mutation2 oder Vorliegen eines anderen klonalen Markers3 oder Fehlen einer reaktiven Myelofibrose4.

  3. Die diagnostischen Kriterien für eine ET, PV, BCR::ABL1-positive CML, eine Myelodysplasie oder eine andere myeloische Neoplasie5 sind nicht erfüllt.

  • WHO Kriterien für BCR-ABL1-positiver CML, PV, ET, MDS oder andere MPN nicht erfüllt.

  • JAK2-, MPL- oder CALR-Mutation

Nebenkriterien

  • oder anderer klonaler Marker vorhanden1

    Anämie, die nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen ist

  • Leukozyten ≥ 11 x 109/l.

  • Palpable Splenomegalie.

  • Erhöhte LDH.

  • Leukoerythroblastisches Blutbild.

  • oder kein Nachweis einer reaktiven Myelofibrose2

 

Nebenkriterien

  • Anämie, die nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen ist

  • Palpable Splenomegalie

  • Leukozyten ≥11 x 109/l

  • Erhöhte LDH

  • Leukoerythroblastisches Blutbild

1 Im Falle einer „triple-negativen“ Myelofibrose helfen die häufigsten ‚Non-Driver’ oder ‚Passenger‘-Mutationen (z.B. ASXL1, EZH2, TET2, IDH1/IDH2, SRSF2, SF3B1), die Klonalität der Erkrankung zu untermauern.Die Morphologie der Megakaryozyten bei präPMF und ‚overt fibrotic‘ PMF zeigen in der Regel einen höheren Grad an Megakaryozyten Atypien als bei jedem anderen MPN-Subtyp; zu den charakteristischen Merkmalen der Megakaryozyten gehören kleine bis riesige Megakaryozyten mit einer Prävalenz schwerer Reifungsdefekte (wolkenartige, hypolobulierte und hyperchromatische Kerne) und das Vorhandensein abnormaler großer, dichter Cluster (meist > 6 Megakaryozyten, die eng nebeneinander liegen).
2Wie bei leichter (Grad 1) Retikulinfibrose infolge einer Infektion, einer Autoimmunerkrankung oder einer anderen chronischen Entzündung, einer Haarzellenleukämie oder einer anderen lymphatischen Neoplasie, einem metastasierenden Malignom oder einer toxischen (chronischen) Myelopathie.Es wird empfohlen, hochsensitive Assays für JAK2 V617F (Sensitivität < 1 %) und CALR und MPL (Sensitivität 1 bis 3 %) zu verwenden; in negativen Fällen sollte nach nicht-kanonischen JAK2- und MPL-Mutationen gesucht werden.
3Bestimmt durch Zytogenetik oder sensitive NGS-Techniken; der Nachweis von Mutationen, die mit myeloischen Neoplasmen assoziiert sind (z. B. ASXL1-, EZH2-, IDH1-, IDH2-, SF3B1-, SRSF2- und TET2-Mutationen), unterstützt den klonalen Charakter der Erkrankung.
4Minimale Retikulinfibrose (Grad 1) als Folge einer Infektion, einer Autoimmunerkrankung oder anderer chronischer Entzündungen, einer Haarzellenleukämie oder einer anderen lymphatischen Neoplasie, eines metastasierenden Malignoms oder toxischer (chronischer) Myelopathien.
5Eine Monozytose kann bei der Diagnose vorhanden sein oder sich im Verlauf der PMF entwickeln; in diesen Fällen schließt eine MPN Anamnese eine CMML aus, während eine höhere Allelfrequenz für MPN assoziierte Treibermutationen die Diagnose einer PMF mit Monozytose und nicht einer CMML unterstützen.

Die Diagnose PMF erfordert alle drei Hauptkriterien und mindestens ein Nebenkriterium (das in zwei aufeinanderfolgenden Bestimmungen bestätigt wurde).

5.1.3Diagnose-Kriterien der Post-PV-MF und Post-ET-MF

Die Diagnose einer Post-Polycythaemia Vera-Myelofibrose (Post-PV-MF) (Tabelle 45) bzw. Post-EssentiellePost-Essentiellen Thrombozythämie-Myelofibrose (Post-ET-MF) (Tabelle 56) wird gemäß den IWG-MRT () wird gemäß den International Consensus Criteria (ICC) 2022 gestellt International Working Group for Myelofibrosis Research and Treatment) Kriterien aus dem Jahre 2008 gestellt (auch in der WHO Klassifikation 2016 enthalten) [2]. Die Diagnose einer post-PV-MF bzw. post-ET-MF kann histologisch üblicherweise nicht von einer primären Myelofibrose unterschieden werden, es sei denn, es liegen Knochenmarkhistologien im Verlauf vor.. Die Diagnose einer Post-PV-MF bzw. Post-ET-MF kann histologisch nicht von einer primären Myelofibrose unterschieden werden, es sei denn, es liegen mehrere histologische Untersuchungen des Knochenmarkes im Verlauf vor.

Tabelle 5: Diagnosekriterien der Post-PV-MF (WHO 2016) Post-Polycythaemia Vera-Myelofibrose (Post-PV-MF) nach ICC 2022 [2] 

Erforderliche Kriterien

  • Dokumentation der vorausgegangenen Diagnose PV nach WHO Kriterien

  1. Dokumentation der vorausgegangenen Diagnose einer PV.

  2. Knochenmark Fibrose Grad 2 bis 3.

  • Knochenmarkfibrose
    Grad 2 bis 3 (auf einer Skala 0 bis 3) oder
    Grad 3 bis 4 (auf einer Skala 0 bis 4)

Zusätzliche Kriterien (zwei erforderlich)

Zusätzliche Kriterien (zwei erforderlich)

  1. Anämie (d. h. unterhalb des Referenzbereiches unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und Höhenlage) oder keine Notwendigkeit mehr für eine Phlebotomie (bei fehlender zytoreduktiver Therapie) oder keine Notwendigkeit mehr für eine zytoreduktive Behandlung der Erythrozytose.

  2. Leukoerythroblastisches Blutbild.

  3. Zunahme der tastbaren Splenomegalie um > 5 cm gegenüber dem Ausgangswert oder Entwicklung einer neu tastbaren Splenomegalie.

  4. Entwicklung von 2 (oder allen 3) der folgenden konstitutionellen Symptome: > 10% Gewichtsverlust in 6 Monaten, Nachtschweiß, ungeklärtes Fieber (> 37,5°C).

  • Anämie1 oder
    nicht mehr erforderliche Aderlasstherapie (ohne zytoreduktive Therapie) oder
    nicht mehr erforderliche zytoreduktive Therapie zur Reduktion der Erythrozytose

  • Leukoerythroblastisches Blutbild

  • Zunehmende Splenomegalie
    (definiert entweder als Zunahme einer vergrößerten Milz von >5 cm unterhalb des
    linken Rippenbogens oder als neu diagnostizierte palpable Milzvergrößerung)

  • Entwicklung von 2 oder allen 3 der folgenden konstitutionellen Symptome:
    >10% Gewichtsverlust in 6 Monaten, Nachtschweiß, ätiologisch ungeklärtes Fieber
    (>37,5 Grad Celsius)

1 unterhalb der Referenzwerte für Alter, Geschlecht und Anpassung an die entsprechende Höhe über dem Meeresspiegel

Die Diagnose der Post-PV-MF wird durch alle erforderlichen Kriterien und mindestens 2 zusätzliche Kriterien gestellt.

 

Tabelle 6: Diagnosekriterien der Post-ET-MF (WHO 2016) Post-Essentielle Thrombozythämie-Myelofibrose (Post-ET-MF) nach ICC 2022 [2] 

Erforderliche Kriterien

  • Dokumentierte Diagnose einer ET gemäß den WHO Kriterien

  1. Dokumentation der vorausgegangenen Diagnose einer ET.

  2. Knochenmarkfibrose Grad 2 bis 3.

  • Knochenmarkfibrose
    Grad 2 bis 3 (auf einer Skala 0 bis 3) oder
    Grad 3 bis 4 (auf einer Skala 0 bis 4)

Zusätzliche Kriterien (zwei erforderlich)

Zusätzliche Kriterien (zwei erforderlich)

  1. Anämie (d. h. unterhalb des Referenzbereichs unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und Höhenlage) und eine Abnahme der Hämoglobinkonzentration um >2 g/dL gegenüber dem Ausgangswert.

  2. Leukoerythroblastisches Blutbild.

  3. Zunahme der tastbaren Splenomegalie um > 5 cm gegenüber dem Ausgangswert oder Entwicklung einer neu tastbaren Splenomegalie.

  4. Erhöhte LDH.

  5. Entwicklung von 2 (oder allen 3) der folgenden konstitutionellen Symptome: > 10% Gewichtsverlust in 6 Monaten, Nachtschweiß, ungeklärtes Fieber (> 37,5°C).

  • Anämie oder ein kontinuierlicher Hb-Abfall ≥2 g/dl vom Ausgangswert

  • Leukoerythroblastisches Blutbild

  • Palpable Splenomegalie ≥5 cm, oder neu aufgetretene palpable Splenomegalie

  • Erhöhte LDH

  • Neu aufgetretene konstitutionelle Symptome (2 bis 3 von folgenden Symptomen): >10% Gewichtsverlust in 6 Monaten, Nachtschweiß, ungeklärtes Fieber >37,5°C

Die Diagnose der Post-ET-MF wird durch alle erforderlichen Kriterien und mindestens 2 zusätzliche Kriterien gestellt.

5.2Diagnostik

5.2.1Erstdiagnose

Bei der körperlichen Untersuchung fallen meist die Splenomegalie, Hepatomegalie und die Anämie der Patient*innenPat. auf. Im frühen Stadium, vor allem bei der präPMF, liegt oft eine alleinige Thrombozythämie vor. Im Blutausstrich sind besonders in fortgeschrittenen Stadien eine Vermehrung von Normoblasten und eine Linksverschiebung der Granulopoese bis zu den Myeloblasten zu erkennen (sogenanntes leukoerythroblastisches Blutbild). Im Blutausstrich sind eine Poikilozytose, Anisozytose und Dakryozytose („Tränentropfenform“) der Erythrozyten zu sehen nachweisbar. Die absolute und relative Retikulozytenzahl ist nicht oder nur inadäquat erhöht. In den Befunden der klinischen Chemie und häufig liegen oft erhöhte LDH-Werteerhöhte LDH Werte vor. Bei einem Teil der PMF-PatientenMF Pat. liegt der Anämie eine Hämolyse zugrunde, sodass die routinemäßige Bestimmung von Hämolyseparametern bei Patienten mit Anämie sinnvoll ist.

Diagnostisch entscheidend ist der Befund der Knochenmarkhistologie. Die Knochenmarkzytologie ist bei höhergradiger Fibrose meist unergiebig (Punctio sicca). In der Knochenmarkhistologie findet man im präfibrotischen Stadium eine erhöhte Zelldichte mit Vermehrung von atypisch verteilten und dysplastischen Megakaryozyten (mit für die PMFMF charakteristischer Morphologie) und keine wesentliche Retikulinfaservermehrung (≤ Grad 1), außerdem Vorstufen der Granulopoese und Erythropoese mit Linksverschiebung und nur vereinzelt Dysplasien. In den Fällen der ‚overt fibrotic‘ PMFMF liegt bereits bei Diagnosestellung eine ausgeprägte Markfibrose (≥ Grad 2) und meist auch eine Reduktion der Erythropoese vor. Im Verlauf der PMFMF bzw. in den Spätstadien ist dann immer eine deutliche Fibrose des Knochenmarkes und eine Osteosklerose nachweisbar.

Folgende Fragen/Untersuchungen gehören zur primären Diagnostik der PMF

  • Gezielte Anamnese hinsichtlich: Splenomegalie-bedingten Beschwerden, Fatigue, Knochenschmerzen, Anämie-bedingten Beschwerden und konstitutionellen Symptomen (Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust), arteriellen und venösen Thrombosen (auch zeitlich zurückliegend), Mikrozirkulationsstörungen und Blutungsereignissen. Wichtig ist auch die Familienanamnese hinsichtlich Thrombosen oder Blutungen, MPN und anderen malignen Erkrankungen.Splenomegalie bedingten Beschwerden, Fatigue, Pruritus, Knochenschmerzen, Anämie bedingten Beschwerden und konstitutionellen Symptomen (Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust), arteriellen und venösen Thrombosen (auch zeitlich zurückliegend), Mikrozirkulationsstörungen und Blutungsereignissen. Wichtig ist auch die Familienanamnese hinsichtlich Thrombosen oder Blutungen, MPN und anderen malignen Erkrankungen. Eine strukturierte Bewertung der Symptome anhand validierter Bewertungsskalen (z. B. MPN10 oder MPN-SAF) wird bei allen MPN empfohlen, da die ärztliche Bewertung die Komplexität und den Schweregrad der Symptome möglicherweise unterschätzten kann [10].

  • Körperliche Untersuchung: insbesondere Milz- und Lebergröße, aber auch Haut und Schleimhäute.

  • Labor: Blutbild einschließlich Differenzialblutbild, Retikulozyten, LDH, Ferritin, Harnsäure, Quick/INR, aPTT, AST, ALT, γ-GT, alkalische Phosphatase, Bilirubin, Coombs-TestCoombs Test, Haptoglobin, Serumtryptase (insbesondere bei V.a. systemische Mastozytose in der Differenzialdiagnose), ggf. von Willebrand-Faktor-Antigen (VWF:Ag)(vWF:Ag) und VWF:Ristocetin-Cofaktor-AktivitätvWF:Ristocetin-Cofaktor-Aktivität.

  • Molekulargenetik:

    • Screening auf die Mutationen in JAK2-Mutation, CALR und MPL sowie die molekularen Hochrisikomarker (ASXL1, EZH2, IDH1/IDH2, SRSF2, U2AF1Q157, TP53) mittels Next Generation Sequencing (NGS). Die Bestimmung sogenannter molekularer Hochrisikomutationen (aus peripherem Blut), wie ASXL1, EZH2, IDH1/IDH2, SRSF2, U2AF1Q157 und TP53 ist notwendig um die Risikostratifikation und infolge auch die Therapiesteuerung gemäß den neueren Scores (MIPSS70, MIPSS70+, MIPSSv2 etc.) durchzuführen.

    • wenn negativ: Screening auf Das Vorliegen einer CALRBCR::ABL-Mutation-Genfusion sollte auch stets ausgeschlossen werden, zwingend wenn eine CML als mögliche Differenzialdiagnose in Frage kommt oder falls die CALR-, JAK2-Mutation und MPL-Mutationen negativ sind.

    • wenn diese auch negativ: Screening auf Die Bestimmung weiterer Genmutationen ist insbesondere bei ´triple´ negativen Fällen wichtig, um den klonalen Charakter der Erkrankung zu definieren, kann aber auch bei anderen Fällen sinnvoll sein (z. B. zum Nachweis einer klonalen Evolution). ´Triple‘ negative Fälle sollten auf nicht-kanonischen MPLJAK2/MPL-Mutation. -Mutationen und Fälle mit niedriger JAK2 VAF sollten auf koexistierenden kanonischen CALR/MPL-Mutationen untersucht werden.

    • Die BCR-ABL-Genfusion wird bestimmt, wenn eine CML als mögliche Differenzialdiagnose in Frage kommt oder falls CALR, JAK2-Mutation und MPL-Mutation negativ sind.

  • Knochenmark: Aspirationszytologie (falls möglich) und Histologie mit Eisen- und Faserfärbung (ggf. Mitbeurteilung in einem pathologischen Referenzzentrum für myeloproliferative Neoplasien, um die nach WHO standardisierten Beurteilungskriterien zu erhalten, wie z.B. die genau definierte Gradierung der Fibrose. : Aspirationszytologie (falls möglich) und Histologie mit Eisen- und Faserfärbung, ggf. Mitbeurteilung der Histologie in einem pathologischen Referenzzentrum für myeloproliferative Neoplasien, um die nach ICC und WHO 2022 standardisierten Beurteilungskriterien zu erhalten, wie z.B. die genau definierte Gradierung der Fibrose.

  • MolekulargenetikZytogenetik:: Die Bestimmung sogenannter molekularer Hochrisikomutationen (aus peripherem Blut), wie Die Untersuchung sollte vorzugsweise aus dem Knochenmarkaspirat durchgeführt werden. Bei schlechter oder nicht möglicher Aspiration kann die Untersuchung auch aus peripherem Blut erfolgen. Durch die FISH Technik kann alternativ zur Chromosomenbänderung gezielt das periphere Blut auf entsprechende relevante zytogenetische Veränderungen untersucht werden. Allerdings können mittels FISH nicht alle für den MIPSSv2 notwendigen zytogenetischen Anomalien erfasst werden und außerdem sind FISH Befunde nicht mit zytogenetischen Befunden im MIPSSv2 gleichzusetzen. Die zytogenetische Analyse ist bei Pat. im transplantationsfähigen Alter notwendigerweise durchzuführen, um die neueren Scores zur Risikoeinstufung (wie DIPSS+, MIPSS70+, MIPSSv2 oder GIPSS) zu berechnen und deren Überlebenswahrscheinlichkeit einzuschätzen. ASXL1, EZH2, DNMT3A, IDH1/IDH2 oder SRSF2 ist sinnvoll, um die Risikostratifikation und infolge auch die Therapiesteuerung gemäß den neueren Scores (MIPSS70, MIPSSv2 etc.) durchzuführen.

  • Zytogenetik:Oberbauchsonographie: Die Untersuchung sollte vorzugsweise aus Knochenmarkaspirat durchgeführt werden. Bei schlechter oder nicht möglicher Aspiration sollte die Untersuchung aus peripherem Blut erfolgen, was in vielen Fällen eine zytogenetische Analyse erlaubt. Die Untersuchung ist in den neueren Scores zur Risikoeinstufung erforderlich. Insbesondere Milz- und Lebergröße, Hinweise auf extramedulläre Blutbildung.

  • Oberbauchsonographie: insbesondere Milz- und Lebergröße, Hinweis auf extramedulläre Blutbildung.

5.3Prognostische Faktoren und Risikostratifizierung

Der klinische Verlauf von Patient*innen mit PMF ist heterogen, und Aussagen bezüglich einer mittleren Überlebensdauer divergieren. In einer europäischen Analyse welche die Zeitspanne von 1996 bis 2007 umfasste, lag die mediane Überlebenszeit bei 6,5 Jahren . In einer Untersuchung an jüngeren PMF- Patient*innen (Alter <55 Jahre) wurde das mittlere Überleben mit 128 Monaten (10,7 Jahre) als fast doppelt so hoch angegeben. Es ist daher sinnvoll, anhand von verfügbaren Risikofaktoren Scores zur Abschätzung der individuellen Prognose zu berechnen.

Der klinische Verlauf von Pat. mit Myelofibrose (MF) ist heterogen, und Aussagen bezüglich einer mittleren Überlebensdauer divergieren. Es ist daher sinnvoll, die individuelle Prognose der MF anhand der verfügbaren Risikofaktoren Scores zu berechnen. Die Risiko Stratifizierung von Pat. mit Myelofibrose anhand der unten genannten Scores ist für die Entscheidungsfindung in der Behandlung wichtig, insbesondere für die Auswahl von geeigneten Patienten*innen, die für eine allogene Stammzelltransplantation (alloSZT) in Frage kommen. Um die Berechnung zu erleichtern, wurde ein MF-spezifischer Web-Rechner entwickelt (https://pmfscorescalculator.com), der alle vom National Comprehensive Cancer Network vorgeschlagenen Modelle enthält.

5.3.1Entwicklung von Prognose-Scores

Mitte der 90-iger Jahre wurden zunächst einfache Prognose-Scores Prognose Scores zur Risikoeinschätzung verwendet. Die Scores basierten hauptsächlich auf den Befunden des peripheren Blutbildes und dem Vorhandensein von Allgemeinsymptomen zum Zeitpunkt der Diagnosestellung. Diese Scores wurden in den nachfolgenden Jahren schrittweise weiterentwickelt und optimiert. Ein großer Vorteil der neueren („dynamischen“) Scores ist ihre Anwendbarkeit während des gesamten zu jedem Zeitpunkt des Krankheitsverlaufes (nicht nur zum Diagnosezeitpunkt) und ihre größere Genauigkeit und Vorhersagekraft auf der Basis des Einschlusses von molekularen und zytogenetischen Parametern. Durch die zunehmend bessere Kenntnis der prognostischen Bedeutung dieser biologischen Parameter unterliegen auch die aktuellen Scores einer kontinuierlichen Weiterentwicklung, sodass zurzeit verschiedene Scores parallel im Einsatz sind, auf deren Grundlage TherapientscheidungenTherapie-Entscheidungen getroffen werden und insbesondere die Indikation und der Zeitpunkt für eine allogene Transplantation festgelegt werdenwird. Eine repräsentative Auswahl dieser Scores ist nachfolgend dargestellt.

5.3.1.1DIPPSDIPSS Score und DIPPS-plusDIPSS-plus Score

Mit dem dynamischen Risikoscore (DIPSS) kann man das individuelle Risiko zu jedem Zeitpunkt der Erkrankung evaluieren [11]. Der DIPSS Score teilt die Erkrankung in 4 Risikogruppen ein (. Der DIPSS Score besteht aus den gleichen Variablen wie der IPSS Score, der nur zum Diagnosezeitpunkt der MF gilt und allen Parametern maximal je einen Punkt zuteilt (bzw. 0 Punkte bei nichtzutreffend). Der IPSS unterscheidet dann je nach Punktzahl 4 Risikogruppen: Niedrigrisiko (0 Punkte), Intermediär Risiko 1 (1 Punkt), Intermediär Risiko 2 (2 Punkte) und Hochrisiko (≥ 3 Punkte). Der DIPSS Score teilt die Erkrankung ebenfalls in vier Risikogruppen ein, bewertet das Vorliegen einer Anämie mit einem Hb < 10 g/dl jedoch mit 2 Punkten (Tabellen 67 und Tabelle 78).

Tabelle 7: DIPSS-Score:DIPSS Score: Faktoren und Gewichtung der Einzelparameter [11] 

Score-Werte (Punkte)

Prognostische Variablen

0

1

2

Alter (Jahre)

≤65

>65

Leukozyten (x10(x 109/l) (Definition s. unter IPSS)

≤25

>25

Hb (g/dl)

≥10

<10

Blasten im PB (%)

<1

≥1

Konstitutionelle Symptome (Definition s. unter IPSS)

nein

ja

Tabelle 8: Prognostische Einteilung des DIPPS Scores  

Prognosegruppe

Anzahl von Punkten

Mediane Überlebenszeit (Jahre)

Niedrigrisiko

0

nicht erreicht

IntermediärrisikoIntermediär Risiko 1

1-2

14,2

IntermediärrisikoIntermediär Risiko 2

3-4

4

Hochrisiko

5-6

1,5

Die Weiterentwicklung des IPSS-ScoresDIPSS-Scores zum DIPSS-plusDIPSS plus Score beinhaltet eine Erweiterung des DIPSS durch zusätzliche prognostisch ungünstige biologische Parameter (Tabellen 89 und Tabelle 910) [12], was die mediane Überlebenszeit der verschiedenen Risikogruppen beeinflusst.

Tabelle 9: DIPPS-plusDIPPS plus Score: Faktoren und Gewichtung der Einzelparameter [12]. 

Variable

Score Wert Punkte

IPSS Niedrigrisiko

0

IPSS IntermediärrisikoIntermediär Risiko 1

1

IPSS IntermediärrisikoIntermediär Risiko 2

2

IPSS Hochrisiko

3

Transfusionsbedarf für Erythrozyten

1

Thrombozyten <100x10<100 x 109/l

1

Ungünstiger Karyotyp (ungünstiger Karyotyp ist definiert als komplexer Karyotyp alleine oder Aberrationen wie +8, -7/7q-, i(17q), inv(3), -5/5q-, 12p- oder 11q23-Rearrangement)

1

Tabelle 10: Prognostische Einteilung des DIPPS-plus Scores DIPPS plus Score [12] 

Prognosegruppe

Anzahl von Punkten

Mediane Überlebenszeit (Jahre)

Niedrigrisiko

0

15,0

IntermediärrisikoIntermediär Risiko 1

1

6,7

IntermediärrisikoIntermediär Risiko 2

2-3

2,9

Hochrisiko

4-6

1,3

5.3.1.2Neuere und mutationsbasierte Scores

In jüngerer Zeit werden die Mutationen bei der Entwicklung von vier neuen Prognosemodellen für die PMF berücksichtigt: MIPSS70 [13], MIPSS70+ bzw. die neuere MIPSS70+ Version 2.0 (MIPSSv2) [14]. Diese neuen Prognosemodelle enthalten Parameter, die den unabhängigen prognostischen BeitragEinfluss von Treiber- und anderen Mutationen, des Karyotyps und des geschlechtsadaptierten Hämoglobinspiegels berücksichtigen.

Der MIPSS70 Score („mutation-enhanced („mutation enhanced international prognostic scoring system for transplant-age transplant age patients“) wurde für Patienten im Transplantationsalter (70 JahrenJahre oder jünger) entwickelt. Der Score umfasst insgesamt neun Variablen (sechs klinische und drei genetische Parameter, siehe Tabelle 1011 und Tabelle 1112), wobei im Gegensatz zu den älteren Scores das Vorhandensein von Mutationen mit hohem Risiko (, wie ASXL1, SRSF2, EZH2, IDH1, IDH2; oder ≥2 Mutationen mit hohem Risiko) oder die Nichtnachweisbarkeit der ; oder ≥2 Mutationen mit hohem Risiko, oder das Fehlen einer CALR-Typ1 Mutation eingeschlossen werden.-Typ1 Mutation mit eingeschlossen werden. Die Weiterentwicklung des MIPSS70 Score ist der sogenannte MIPSS70+ Score, der noch als zusätzlichen Risikofaktor die Zytogenetik enthält.

Tabelle 11: MIPSS70-Score:MIPSS70 Score: Faktoren und Gewichtung der Einzelparameter [13] 

Faktoren

Gewichtung

Leukozyten >25x10> 25 x 109/l

2

Hämoglobin <10< 10 g/dl

1

Thrombozyten <100x10< 100 x 109/l

2

Zirkulierende Blasten im peripheren Blut ≥2%≥ 2%

1

Konstitutionelle Symptome (Definition s.siehe unter IPSS)

1

KnochenmarkfibroseKnochenmark Fibrose Grad ≥ 2

1

Keine CALR Typ 1 bzw. CALR Typ 1 ähnliche Mutation

1

Molekulare Hoch-Risikomutationen1

1

≥2≥ 2 Molekulare Hoch-Risikomutationen

2

1Molekulare Hoch-Risikomutationen sind ASXL1, EZH2, IDH1/IDH2, SRSF2
Tabelle 12: Prognostische Einteilung des MIPSS70-Scores MIPSS70 Scores [13] 

Prognosegruppe

Anzahl von Punkten

Mediane Überlebenszeit (Jahre)

Niedrigrisiko

0-1

27,7

Intermediärrisiko

Intermediär Risiko

2-4

7,1

Hochrisiko

≥5

2,3

Der MIPSS70+ Score, bzw. die aktuelle Weiterentwicklung MIPSS70+ Version 2.0 (MIPSSv2) [14] berücksichtigt die kürzlich überarbeiteten dreistufigen zytogenetischen Risikostufen (siehe Pathogenese, Kapitel 2.3), U2AF1Q157 als zusätzliche Mutation mit hohem molekularem Risiko und neue Hämoglobin-Schwellenwerte, welche den Schweregrad der Anämie berücksichtigen. Der MIPSSv2 umfasst insgesamt neun Parameter (vier klinische und fünf genetische), die unterschiedlich gewichtet werden (), Tabelle 14U2AF1Q157), insgesamt mit relativ großer Bedeutung der genetischen Variablen. Die Einteilung erfolgt in fünf Risikokategorien sehr hohes Risiko, hohes Risiko, mittleres Risiko, geringes Risiko und sehr geringes Risiko ( als zusätzliche Mutation mit hohem molekularem Risiko und neue Hämoglobin-Schwellenwerte, welche den Schweregrad der Anämie berücksichtigen. Der MIPSSv2 umfasst insgesamt neun Parameter (vier klinische und fünf genetische), die unterschiedlich gewichtet werden (Tabelle 1213 und ), wobei den genetischen Variablen eine größere Gewichtung zukommt. Die Einteilung erfolgt in fünf Risikokategorien sehr hohes Risiko, hohes Risiko, mittleres Risiko, geringes Risiko und sehr geringes Risiko (Tabelle 1314).

Tabelle 13: MIPSSv2-Score:MIPSSv2 Score: Faktoren und Gewichtung der Einzelparameter [14] 

Faktoren

Gewichtung (Punkte)

Schwere Anämie:
Hämoglobinwerte von <8< 8,0 g/dl bei Frauen und <9< 9,0 g/dl bei Männern

2

Moderate Anämie:
Hämoglobinwerte von 8,0-90 - 9,9 g/dl bei Frauen und 9,0-100 - 10,9 g/dl bei Männern

1

Zirkulierende Blasten im peripheren Blut ≥2%≥ 2 %

1

Konstitutionelle Symptome (Definition s. unter IPSS)

2

Karyotyp mit sehr hohem Risiko1

4

Ungünstiger Karyotyp1

3

≥ 2 molekulare Hoch-Risikomutationen

3

Eine molekulare Hoch-Risikomutation2

2

Keine CALR Typ 1 bzw. CALR Typ 1 ähnliche Mutation

2

1 Risikoeinteilung des Karyotyps (siehe auch Abschnitt Kapitel 2.3):
Karyotyp mit sehr hohem Risiko: hier einfache/ mehrfache Anomalien von -7, i(17q), inv(3)/3q21, 12p-/12p11.2, 11q-/11q23 oder andere autosomale Trisomien, die nicht + 8/ + 9+8/ +9 umfassen (z. B. +21, +19).
Günstiger Karyotyp: normaler Karyotyp oder alleinige Anomalien von 13q-, +9, 20q-, Chromosom 1 Translokation/ Duplikation oder Geschlechtschromosom Anomalie einschließlich –Y.
KarytypKaryotyp mit hohem oder "ungünstigem" Risiko: alle anderen Anomalien.
2 Molekulare Hoch-Risikomutationen: ASXL1, EZH2, IDH1/IDH2, SRSF2 und U2AF1Q157
Tabelle 14: Prognostische Einteilung des MIPSSv2-Score MIPSSv2 Score [14] 

Prognosegruppe

Anzahl von Punkten

10 Jahres Überlebenszeit

Sehr geringesniedriges Risiko

0

Median nicht erreicht

GeringesNiedriges Risiko

1-2

16,4

Mittleres Risiko

3-4

7,7

Hohes Risiko

5-8

4,1

Sehr hohes Risiko

≥9

1,8

5.3.1.3Prognose-Score für die sekundäre Myelofibrose (MYSEC-Score)

Für die sekundären Myelofibrosen wurde ein eigener Risikoscore, der sogenannte MYSEC-ScoreMYSEC Score, nach dem sogenannte MYSEC-PMMYSEC PM (Myelofibrosis Secondary to PV and ET-Prognostic ET Prognostic Model) entwickelt, [15]. Die folgenden negativen Prädiktoren für das Überleben und ihre Gewichtung sind in den . Der MYSEC PM Score enthält nur CALR als genetischen Marker und ist gegenüber dem MIPSS70+ Version 2.0 (MIPSSv2), der auch bei den sekundären Myelofibrosen berechnet werden kann, schon etwas älter. Die folgenden negativen Prädiktoren des MYSEC PM Score für das Überleben und ihre Gewichtung sind in den Tabellen 1415 und 1516 dargestellt.

Tabelle 15: MYSEC-Score:MYSEC Score: Faktoren und Gewichtung der Einzelparameter [15] 

Faktoren

Gewichtung (Punkte)

Hämoglobinwert <11< 11 g/dl

2

zirkulierende Blasten ⩾3%⩾ 3%

2

CALR-unmutierterCALR unmutierter Genotyp

2

Thrombozytenzahl <150x10< 150 x 109/l

1

Konstitutionelle Symptome

1

Für jedes erreichte Lebensjahr

x 0,15

Tabelle 16: Prognostische Einteilung des MYSEC-Score MYSEC Score [15] 

Prognosegruppe

Anzahl von Punkten

Überlebenszeit (Jahre)

Niedrigrisiko

<11

medianes Überleben nicht erreicht

IntermediärrisikoIntermediär 1 Risiko

11 - <14

9,3

Intermediärrisikointermediär 2 Risiko

14 - <16

4,4

Hochrisiko

≥16

2

5.3.1.3.1MTSS-Score (Myelofibrosis Transplant Scoring System)Prognose-Score System) Prognose-Score zur Abschätzung des Überlebens nach allogener StammzelltransplatationStammzelltransplantation

(siehe Abschnitt Kapitel 6.1.1, Tabellen 1617 und Tabelle 1718).

5.4Differenzialdiagnose

Die Differenzialdiagnose der PMF umfasst

  • PVET gegenüber (frühem) hyperproliferativem Stadium der PMFder präPMF

  • ETPV gegenüber präPMF dem (frühen) hyperproliferativem Stadium der PMF

  • Unklassifizierbare MPN und unklassifizierbare MDS/MPN (nach WHO)

  • Myelodysplastische Syndrome (MDS)Erkrankungen mit Myelofibrose

  • Akute Myelofibrose bei akuter megakaryozytärer Leukämie (FAB-Typ M7)

    Akute Myelofibrose bei akuter megakaryozytärer Leukämie (früher AML FAB-Typ M7)

  • Systemische Mastozytose

  • Haarzell-Leukämie

    Haarzell Leukämie

  • Tumorinfiltration des Knochenmarkes mit sekundärer Faservermehrung

  • KnochenmarkfibrosenKnochenmark Fibrosen z.B. bei Autoimmunerkrankungen (Kollagenosen), Tuberkulose des Knochenmarks

  • „Idiopathisch“ als Folge einer interstitiellen Myelitis und lokal nach Strahlenbehandlung

Die Unterscheidung zwischen PMF, akuter Myelofibrose und einer Myelodysplasie oder auch anderen Myeloproliferativen Neoplasien mit Myelofibrose kann schwierig sein. Die Unterscheidung ist klinisch relevant, da die akute Myelofibrose und die Myelodysplasie mit Myelofibrose mit einer deutlich schlechteren Prognose assoziiert sind. Patient*innenPat. mit akuter einer akuten Myelofibrose haben im Allgemeinen schwere konstitutionelle Symptome und eine Panzytopenie ohne Organomegalie. Hier ist das klinische Gesamtbild mit richtungsweisend. Eine LDH-Erhöhung und Splenomegalie finden sich häufiger bei der präPMF als bei der ET und sollten bei der diagnostischen Einstufung beachtet werden.

6Therapie

6.1Therapiestruktur

Die Therapie der ‚overt fibrotic‘ PMF orientiert sich an der Zuordnung zur Risikogruppe, an der Symptomatik und an der Komorbidität. Die Therapiestruktur ist in In der Abbildung 2 zusammengestellt. Die Therapie der primären und sekundären Myelofibrose richtet sich nach den jeweiligen Risikoscores und erfolgt dann einheitlich wie in ist die Therapiestruktur für die nach ICC und WHO 2022 diagnostizierte Myelofibrose, d.h. für die primäre und sekundäre Myelofibrose, dargestellt. Grundsätzlich orientiert sich der therapeutische Algorithmus der Myelofibrose an den vorhandenen Symptomen, an dem biologischen Alter und den Komorbiditäten und letztlich an der Zuordnung zu einer Risikogruppe gemäß den entsprechenden Risiko Scores (bei der primären Myelofibrose MIPSSv2 und bei der sekundären Myelofibrose MYSEC empfohlen). Eine strukturierte Bewertung der Symptome anhand validierter Skalen (z. B. MPN10 oder MPN-SAF) ist zu Beginn aber auch im Verlauf unerlässlich, um die Lebensqualität und die individuelle Belastung durch die Myelofibrose zu erfassen und anschließend den Behandlungserfolg zu validieren. Zur einheitlichen klinischen Einschätzung der Symptomlast werden sog. Symptom Scores (MPN Symptom Assessment Scores) empfohlen. Der üblicherweise eingesetzte Score MPN-SAF TSS (MPN Symptom Assessment Form Total Symptom Score) Abbildung 2 dargestellt. Für die präPMF wurden Vorschläge für eine risikoadaptierte Therapie analog der ET gemacht [16]. Hier stehen, falls erforderlich, antithrombotische und zytoreduktive Therapiemaßnahmen im Vordergrund (Abschnitt besteht aus zehn relevanten Symptomen, die am repräsentativsten für die MF-Erkrankung sind (z.B. Fatigue, Splenomegalie-assoziierte Symptome, konstitutionelle Symptome) und wird jeweils in Schweregrade von 0 bis 10 eingeteilt, so dass sich insgesamt ein Wert zwischen 0 und 100 ergibt. Der MPN-SAF-TSS wird vor allem verwendet, um das Ansprechen auf eine Therapie zu beurteilen. Eine Reduktion von ≥ 50% gilt nach Konsens der IWG-MRT als ein relevantes Ansprechen von Symptomen auf eine bestimmte Therapie.4.1, Abbildung1) (siehe auch Onkopedia Leitlinie Essentielle Thrombozythämie, Abbildung 1).

Abbildung 2: Therapiealgorithmus  
kurativ; palliativ
1Problemorientierte Therapie: Erythropoetin [42], Erythrozytentransfusion, Hydroxyurea [23], (Peg-)Interferon [46,47], Steroide [23], Androgene [45] oder Imide [48,49]. AlloSZT: allogene Stammzelltransplantation

Das Überleben wird bei der Myelofibrose durch das Vorhandensein oder Fehlen mehrerer molekulargenetischer, zytogenetischer und klinischer Risikofaktoren bestimmt, die in modernen Risikomodellen (wie dem MIPSS70+ Version 2.0 (MIPSSv2)) erfasst werden. Für Pat. im transplantationsfähigen Alter wird daher der MIPSSv2 (oder auch der MIPSS70+ Score) empfohlen. Der MIPSS70+ Version 2.0 (auch MIPSSv2 genannt) diskriminiert fünf prognostisch signifikant unterschiedliche Risikokategorien: sehr hohes Risiko (≥9 Punkte); hohes Risiko (5-8 Punkte); mittleres Risiko (3-4 Punkte); geringes Risiko (1-2 Punkte); und sehr geringes Risiko (0 Punkte). Bei Patienten im Alter von 70 Jahren oder jünger sind die entsprechenden medianen Überlebenszeiten (bzw. die 10-Jahres-Überlebensraten in %): für sehr hohes Risiko 1,8 Jahre (<5%), für hohes Risiko 4,1 Jahre (13%), für mittleres Risiko 7,7 Jahre (37%), für geringes Risiko 16,4 Jahre (56%) und für sehr geringes Risiko „Median nicht erreicht“ (92%)

Sollte keine Zytogenetik vorliegen (oder technisch nicht möglich sein) kann auch der MIPSS70-Score berechnet werden. Für die sekundäre Myelofibrose findet der speziell dafür entwickelte MYSEC-Score Anwendung. Um die Berechnung zu erleichtern, wurde ein Myelofibrose spezifischer Web-Rechner entwickelt, der als Hilfestellung zur Berechnung dient (https://pmfscorescalculator.com). Bei Pat. im transplantationsfähigen Allgemeinzustand erfolgt die molekulargenetische Diagnostik anhand einer NGS Untersuchung aus dem peripheren Blut mit allen Treibermutationen (JAK2-, CALR- und MPL-Mutation) und den molekularen Hochrisikomutationen wie ASXL1, EZH2, IDH1/IDH2, SRSF2, U2AF1Q157 und TP53.

Zur einheitlichen klinischen Einschätzung der Symptomlast werden sog. Symptom-Scores (MPN Symptom Assessment Scores) empfohlen. Der üblicherweise eingesetzte Score MPN-SAF TSS (MPN Symptom Assessment Form Total Symptom Score) Bei Vorliegen einer präfibrotischen Mylelofibrose (präPMF), die eine Untergruppe der Myelofibrose phänotypisch zwischen einer ET und einer Myleofibrose mit fließenden Übergängen darstellt, sollte aus anamnestischen, klinischen und labortechnischen Parametern (Thrombosen, Blutungen, Mikrozirkulationsstörungen, Splenomegalie, LDH, Anämie, Leukozytose, Thrombozythämie) ermittelt werden, ob eher eine ET ähnliche oder eine MF ähnliche präPMF Erkrankung vorliegt [517] besteht aus zehn relevanten Symptomen, die am repräsentativsten für die PMF-Erkrankung sind (z.B. Fatigue, Splenomegalie-assoziierte Symptome, konstitutionelle Symptome) und wird jeweils im Schweregrad von 0 bis 10 eingeteilt, so dass sich ein Wert zwischen 0 und 100 ergibt. Der MPN-SAF-TSS wird vor allem dazu verwendet, um das Ansprechen auf eine Therapie zu beurteilen. Eine Reduktion von ≥50% gilt nach Konsens der IWG-MRT als relevantes Ansprechen von Symptomen.. Auch die Bestimmung der JAK2 Allel Last kann richtungsweisend sein, da in der Regel die JAK2V617F Varianten-Allel-Häufigkeiten (VAF) zwischen ET und präPMF unterschiedlich sind [4]. Bei der ET ist die mediane JAK2VAF tendenziell niedriger (etwa 25 %) als bei der präPMF, bei der die mediane VAF deutlich höher ist (etwa 46 %). Eine JAK2VAF von mehr als 50-60 % sollte bei einer vermeintlichen ET Diagnose ein wichtiger Hinweis darauf sein, die Klassifizierung in Richtung einer präPMF oder gar einer manifesten MF zu überdenken.

Ähnelt die vorliegende präPMF phänotypisch einer ET dann sollte diese vom Risiko her wie eine ET stratifiziert (IPSET Thrombosis Score oder revised IPSET Score) und entsprechend behandelt werden. Hier stehen, falls erforderlich, thrombozytenaggregationshemmende, antithrombotische und zytoreduktive Therapiemaßnahmen im Vordergrund (Kapitel 4.1, siehe auch Onkopedia Leitlinie Essenzielle Thrombozythämie, Abb. 1). Bei Vorliegen einer präPMF Erkrankung, die klinisch eher einer MF gleicht, sollte die Prognose der Erkrankung durch die entsprechenden molekulargenetischen, zytogenetischen und klinischen Risikofaktoren bestimmt werden. Hier sollte der DIPSS oder DIPSS plus Score Anwendung finden. Patienten mit einer präPMF sollten bei einem Krankheitsbild mit einer krankheitsbedingten Splenomegalie oder mit MF-assoziierten Symptomen mit einem JAK Inhibitor behandelt werden.

Abbildung 3: Therapiealgorithmus der Myelofibrose (MF) 
NGS: Next generation sequencing, HCT CI: Hematopoietic Cell Transplant-Comorbidity Index, alloSZT: allogene Stammzelltransplantation, JAKi: JAK Inhibitor
1Problemorientierte Therapie: Erythropoetin, Erythrozytentransfusion, Hydroxyurea, (Peg-)Interferon, Steroide, Androgene oder Imide. AlloSZT: allogene Stammzelltransplantation,

6.1.1Kurative Therapie

Die einzige potentiell kurative Therapie ist die allogene Stammzelltransplantation (alloSZT). Die alloSZT ist allerdings mit einer nicht unerheblichen Morbidität und einer transplantationsassoziierten Mortalität von 20 bis 30% verbunden, und die Rate von Rezidiv und Therapieversagen nach 5 Jahren beträgt 29% Die einzige potentiell kurative Therapie ist die allogene Stammzelltransplantation (alloSZT). Die alloSZT führt zu einer kompletten Regression der Knochenmarkfibrose und zu einer kompletten molekularen Remission, ist allerdings mit einer nicht unerheblichen Morbidität und einer transplantationsassoziierten Mortalität von 10 bis 30% assoziiert. Die Rezidiv Rate bzw. ein Therapieversagen nach 5 Jahren beträgt 29% [18]. Ein passender Spender ist Voraussetzung. Eine alloSZT sollten insbesondere Patient*innen in den prognostisch ungünstigen Stadien Intermediärrisiko 2 und Hochrisiko erhalten, wenn sie in einem transplantationsfähigen Zustand sind und ein biologisches Alter bis zu etwa 70 Jahren haben (, so dass der Indikationsstellung eine besondere Bedeutung zukommt. Ein passender Spender ist Voraussetzung. Eine alloSZT sollten insbesondere Pat. in den prognostisch ungünstigen Stadien Intermediär Risiko 2 und Hochrisiko (nach DIPSS, DIPSS-plus, MYSEC oder MIPSS70 bzw. MIPSS70+) oder hohes und sehr hohes Risiko (nach MIPSSv2) erhalten, wenn sie in einem transplantationsfähigen Zustand sind und ein biologisches Alter bis zu etwa 75 Jahren haben [19] (Abbildung 2).

Eine im Jahre 2015 publizierte retrospektive, vergleichende multizentrische Studie bei 438 Patient*innenPat. mit primärer Myelofibrose im Alter von < 65 Jahren zum Diagnosezeitpunkt, die entweder mit einer alloSZT (n=190) oder einer konventionellen Therapie in der Ära vor den JAK-Inhibitoren (n=248) unter Anwendung des damals üblichen DIPSS-Scores DIPSS Scores behandelt wurden, zeigte, dass Patient*innenPat. mit intermediärem 2 oder hohem Risiko signifikant von einer alloSZT profitieren. Im Gegensatz dazu hatten Patient*innenPat. mit niedrigem Risiko durch eine alloSZT im Vergleich zur konventionellen Therapie einen Überlebensnachteil. Bei IntermediärrisikoIntermediär Risiko 1 konnte kein Überlebensvorteil für eine der beiden Therapieformen gezeigt werden [20] .

Bei Patient*innen mit Intermediärrisiko 1 wird ein individuelles Vorgehen mit entsprechender Beratung empfohlen. Nach den EBMT/ELN-Empfehlungen sollte auch für Intermediärrisiko 1-Patient*innen eine alloSZT erwogen werden, wenn:

In den kürzlich überarbeiteten Empfehlungen der European Society for Blood and Marrow Transplantation (EBMT) und des European LeukemiaNet wurden folgende Indikationen für eine alloSZT angegeben [21]:

  • eine refraktäre transfusionsabhängige Anämie, oder

    Patienten mit primärer Myelofibrose und einem DIPSS Score mit mittlerem oder hohem Risiko oder einem MIPSS70 bzw. MIPSS70+ Score mit hohem Risiko und einem MTSS Score mit niedrigem oder mittlerem Risiko.

  • >2% Blasten im peripheren Blut, oder

    Patienten mit sekundärer Myelofibrose und einem hohen oder Intermediär Risiko 2 Score gemäß dem MYSEC Score.

  • eine Hochrisikozytogenetik oder eine ‚triple‘-negative MF oder eine ASXL1-Mutation vorliegen .

    Patienten mit primärer Myelofibrose und einem Intermediär 1 Risiko DIPSS Score oder einem intermediären MIPSS70 oder MIPSS70+ Score mit einem MTSS Score mit niedrigem Risiko, unter Abwägung individueller Faktoren, wie Patientenpräferenzen, aktueller Behandlungsmöglichkeiten, einschließlich klinischer Studien, und anderer Risikomerkmale (z. B. biallelischen TP53 Mutationen).

  • Patienten über 70 Jahren kann eine alloSZT auf individueller Grundlage angeboten werden, wobei die Präferenzen der Patienten sowie krankheits- und patientenbezogene Merkmale berücksichtigt werden.

Generell sollten potenzielle Kandidaten für eine alloSZT relativ frühzeitig in einem Transplantationszentrum gesehen werden (Beurteilung der Eignung für eine alloSZT, Erläuterung des Therapieverfahrens und Klärung von transplantations-spezifischen Patientenfragen, Identifikation potenzieller Spender). Eine obere Altersgrenze von 70 Jahren wird für die alloSZT diskutiert, jedoch sind auch “fitte" PMF-Patient*innen, die über dieser Schwelle liegen, nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Die alloSZT wird entweder mit einem Familienspender oder einem Fremdspender durchgeführt. Die Ergebnisse der Transplantation in der Blastenphase sind schlecht, so dass bei diesen Patient*innen möglichst vor Erreichen dieser Phase eine alloSZT durchgeführt werden sollte.

Bezüglich des optimalen Zeitpunktes für eine alloSZT empfehlen die EBMT/ ELN 2023 Leitlinien [21]:

  • Zeitnah für Patienten mit Intermediär 2 Risiko und Hochrisiko DIPSS Score, während die alloSZT bei Patienten mit niedrigem oder Intermediär 1 Risiko verzögert werden kann.

  • Patienten, die grundsätzlich für eine Transplantation in Frage kommen und JAK Inhibitoren erhalten, sollten auf ihr Ansprechen hin untersucht werden und nach 6 Monaten JAK-Inhibitor Therapie sollten Patienten, die in die Hochrisikokategorie des Modells „Ansprechen auf Ruxolitinib nach 6 Monaten“ (RR6) fallen, rechtzeitig für eine alloSZT evaluiert werden. Siehe auch Kapitel 6.1.2.2. mit RR6 Modell.

Alle Pat. mit einer Splenomegalie von mehr als 5 cm unterhalb des unteren Rippenbogens oder Splenomegalie bedingten Symptomen, die für eine alloSZT in Frage kommen, sollten eine auf die Milz gerichtete Behandlung erhalten, idealerweise mit einem JAK Inhibitor.

Generell sollten potenzielle Kandidaten für eine alloSZT frühzeitig in einem Transplantationszentrum gesehen werden (Beurteilung der Eignung für eine alloSZT, Erläuterung des Therapieverfahrens und Klärung von Transplantation spezifischen Patientenfragen, Identifikation potenzieller Spender). Eine obere Altersgrenze von 70 Jahren wird für die alloSZT kritisch diskutiert, jedoch sind auch „fitte" MF-Pat., die über dieser Schwelle liegen, auf jedem Fall auch gemeinsam mit dem Tranplantationszentrum zu besprechen [19]. Die alloSZT wird entweder mit einem Familienspender oder einem Fremdspender durchgeführt. Neue Daten zeigen, dass auch eine Haplo-identische Stammzelltransplantation möglich ist, wenn kein passender Familien- oder Fremdspender zur Verfügung steht.

Es liegen keine ausreichenden Erkenntnisse vor, um Empfehlungen zum potenziellen Nutzen einer Reduzierung der Blastenzahl bei Patienten mit akzelerierter Krankheitsphase abzugeben. Bei Pat. in der akzelerierten Phase wird daher die Teilnahme an klinischen Studien oder kooperativen Registerstudien empfohlen. Pat. mit einer erhöhten Anzahl von Blasten im peripheren Blut (bis zu 10 %) und Patienten mit akzelerierter Phase oder Blastenphase sind von einer alloSZT nicht ausgeschlossen und sollten zur rechtzeitigen Evaluation überwiesen werden. In der Blastenphase sollte eine die Blastenzahl reduzierende Therapie in Erwägung gezogen werden; die Wahl einer intensiven Induktionschemotherapie, wie bei der akuten myeloischen Leukämie, gegenüber nicht intensiven Optionen, wie hypomethylierenden Wirkstoffen allein oder in Kombination mit Venetoclax, sollte durch eine sorgfältige Bewertung patientenbezogener Faktoren und krankheitsassoziierter genetischer Faktoren individuell getroffen werden. Die Ergebnisse der Transplantation in der Blastenphase sind mit ca. 20-30% Überleben deutlich schlechter als eine Transplantation in chronischer Phase, so dass bei Pat. möglichst eine alloSZT vor Erreichen dieser Phase durchgeführt werden sollte.

Aufgrund der Altersverteilung wird bei der überwiegenden Mehrheit der Pat., die sich einer Transplantation unterziehen, eine sogenannte dosisreduzierte Konditionierung (RIC) angewendet, die zu einer Verbesserung der Ergebnisse gegenüber der herkömmlichen myeloablativen Konditionierung (MAC) geführt hat. Grundsätzlich sind aber die Konditionierung sowohl mit reduzierter Intensität als auch die myeloablative Konditionierung beides valide Optionen. Bei fehlenden prospektiven randomisierten Studien konnte in einer Vielzahl von retrospektiven Register Studien kein signifikanter Unterschied im Überleben zwischen RIC und MAC, auch in Subgruppen, gezeigt werden. Bei älteren Patienten oder solchen mit klinisch bedeutsamen Komorbiditäten, oder beidem, ist ein Konditionierungsschema mit reduzierter Intensität besser geeignet, während für jüngere Pat. mit gutem Performance Status auch ein myeloablatives Konditionierungsschema gewählt werden kann.

Obwohl 70 % der Pat. mit Myelofibrose nach der alloSZT eine komplette Remission erreichen können, ist das Auftreten eines Rezidivs nach wie vor ein Problem: Bei 10-30 % der Pat. kommt es innerhalb von 3 Jahren nach der alloSZT zu einem Rezidiv [22]. Mehrere Arbeiten deuteten darauf hin, dass das Auftreten einer Graft-versus-Host-Krankheit (GVHD) mit einem geringeren Risiko eines Rückfalls verbunden sein könnte. Diese Daten deuten im Zusammenhang mit der Entwicklung einer GVHD auf einen krankheitsspezifischen Transplantat-gegen-Tumor-Effekt hin und zeigen einen signifikanten Transplantat-gegen-Myelofibrose-Effekt. In einer großen retrospektiven Single Center Studie mit 341 Myelofibrose Pat., die entweder ihre erste (n = 308) oder zweite (n = 33) alloSZT erhalten hatten, lag die kumulative Inzidenz einer akuten GVHD Grad II-IV bei 41 % [23]. Eine akute GVHD vom Grad III-IV wurde bei 22 % der Pat. beobachtet. Die kumulative Inzidenz der chronischen GVHD lag bei 61%. Die Entwicklung einer akuten GVHD Grad II oder einer mäßigen GVHD war ein unabhängiger Faktor für ein verringertes Rückfallrisiko nach der alloSZT ohne ein erhöhtes Risiko für eine „non-relapse“ Mortalität. Unabhängige Prädiktoren für einen Rückfall der Myelofibrose waren eine Splenektomie vor der Transplantation und wenn die Myelofibrose zum Zeitpunkt der alloSZT in der akzelerierten Phase war.

Aufgrund der Altersverteilung der PMF wird bei der überwiegenden Mehrheit der Patient*innen, die sich einer Transplantation unterziehen, eine sogenannte Eine dosisreduzierte Konditionierung Splenektomie vor der Transplantation(RIC) angewendet, die zu einer Verbesserung der Ergebnisse gegenüber der herkömmlichen myeloablativen Konditionierung (MAC) geführt hat. Zum Vergleich von RIC mit MAC bei der Myelofibrose sind nur Daten aus retrospektiven Analysen verfügbar. In einer im Rahmen der EBMT publizierten Arbeit konnten bei 103 PMF- Patient*innen (medianes Alter 55 Jahre, Range 32-68) mit einer dosisreduzierten Konditionierung mit Fludarabin und Busulfan folgende Ergebnisse erzielt werden. Bei 27% der Patient*innen trat eine akute GvHD Grad II-IV auf, eine chronische GvHD wurde bei 43% der Patient*innen beobachtet. Dabei hatten 33 der 103 Patienten einen Familienspender und 70 der 103 Patienten einen Fremdspender. Die kumulative Inzidenz an Rezidiven lag nach 3 Jahren bei 22%, die geschätzte 5-Jahres-Überlebensrate bei 67%. In der multivariaten Analyse waren Alter >55 Jahre und ein nicht entsprechend HLA-identer Spender mit einem signifikant schlechteren Überleben assoziiert kann auch bei ausgeprägter Splenomegalie nicht routinemäßig empfohlen werden. Eine ausgeprägte Splenomegalie zum Zeitpunkt der alloSZT ist mit einem Transplantatversagen und einer schlechter Transplantatfunktion verbunden. In einer internationalen Kooperation zur Untersuchung der Sicherheit und Wirksamkeit der Milzbestrahlung wurden 59 Myelofibrose Pat. mit einer signifikanten Splenomegalie (Median 23 cm, range 14-35 cm) vor alloSZT eingeschlossen, die im Median innerhalb von 2 Wochen vor der alloSZT bestrahlt wurden [24].. Die Bestrahlung der Milz führte bei 97% der Pat. (57/59) zu einer signifikanten und raschen Verkleinerung der Milz. Letztendlich war innerhalb von 3 Jahren die Milzbestrahlung mit einer signifikant geringeren Rezidiv Häufigkeit von 12% verbunden, wohingegen die entsprechenden Rezidiv Raten bei sofortiger alloSZT bei 29% und bei Pat. mit vorheriger Splenektomie bei 38% lag. Damit ist bei Myelofibrose Pat. mit einer ausgeprägten Splenomegalie die Milzbestrahlung unmittelbar vor einer alloSZT ein sinnvolles Vorgehen, bei denen die JAK-Inhibition versagt hat, da sie mit einer geringeren Inzidenz an Rezidiven verbunden ist.

Eine Nach aktueller Datenlage ist die Anwendung von Splenektomie vor der TransplantationRuxolitinib kann auch bei ausgeprägter Splenomegalie nicht routinemäßig empfohlen werden. In solchen Fällen muss eine individuelle, auf den/die Patienten*in abgestimmte Abwägung und Bewertung erfolgen. Alternativ ist vor der Transplantation eine niedrig dosierte Milzbestrahlung möglich. Aufgrund kleiner Patientenzahlen ist die Datenlage hierzu nur unzureichend. Inzwischen werden JAK-Inhibitoren, wie Ruxolitinib, vor der alloSZT zu Milzverkleinerung eingesetzt, um die MF-bedingten Symptome und damit den Allgemeinzustand vor Transplantation zu verbessern. vor einer alloSZT sicher und hat keine nachteilige Auswirkung auf das Engraftment. In einer retrospektiven Single Center Studie mit 109 primären oder sekundären Myelofibrose Pat., die in dem Zeitraum zwischen 2010 und 2023 ihre erste alloSZT erhielten, wurde der Einfluss der JAK Inhibition auf die Transplantation untersucht [25]. Hierbei wurden drei unterschiedliche Konstellationen betrachtet: (1) 33 Pat. die eine JAK Inhibitor Therapie von Beginn der Konditionierung bis zum stabilen Engraftment erhielten (PERI-Gruppe), (2) 38 Pat., die eine JAK Inhibitor Therapie vor der Transplantation bis zum Beginn der Konditionierung erhielten (PRE-Gruppe), und (3) 38 Pat., die zu keinem Zeitpunkt eine JAK Inhibitor Therapie erhalten hatten (NON-Gruppe). Die Pat. in der PERI-Gruppe zeigten eine signifikant höhere frühe Regeneration der B-Zellen sowie eine signifikant höhere Regeneration der Gamma-Delta-T-Zellen und NK-Zellen. In der PERI-Gruppe wurde ein ausgezeichnetes Neutrophilen- und Thrombozyten-Engraftment beobachtet (jeweils 100 %). In dieser Gruppe traten keine hämatotoxischen Effekte oder erhöhten Infektionsraten auf. Die kumulative Inzidenz der akuten GvHD Grad II-IV am Tag 100 nach der Transplantation betrug 15% in der PERI-Gruppe gegenüber 29% in der PRE-Gruppe und 34% in der NON-Gruppe. Die kumulative Inzidenz eines Rezidivs 1 Jahr nach der Transplantation lag in der PERI-Gruppe bei 9 %, in der PRE-Gruppe bei 16 % und in der NON-Gruppe bei 18 %. Damit ist die JAK Inhibitor Therapie peri-transplant durchführbar und geht möglicherweise mit einem besseren Engraftment und einer niedrigeren akuten GvHD Rate einher.

Nach aktueller Datenlage ist die Anwendung von Neueste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass eine vollständige Eliminierung der Treibermutation am Tag 30 nach einer alloSZT mit einer niedrigeren Rezidivrate, einem längeren krankheitsfreien Überleben und auch einem längeren Überleben einhergehen Ruxolitinib vor einer alloSZT sicher und hat keine nachteilige Auswirkung auf das Engraftment. Es wird ein Ausschleichen bzw. Stop von Ruxolitinib erst direkt vor der Konditionierung empfohlen, um ein potentiell gefährliches Rebound Phänomen zu vermeiden . Eine größere retrospektive Studie der EBMT an über 500 Patienten zeigte, dass eine Vortherapie mit Ruxolitinib das ‚Outcome‘ nach Transplantation nicht negativ beeinflusst und dass Patient*innen, die allogen transplantiert wurden während sie auf Ruxolitinib ansprachen, ein signifikant geringeres Rückfallrisiko und ein besseres ‚Event‘-freies Überleben im Vergleich zu Patienten hatten, welche entweder kein Ruxolitinib erhielten oder auf Ruxolitinib nicht angesprochen bzw. das Ansprechen vor Transplantation schon verloren hatten. [2627].. Die Clearance der Mutation scheint in dieser Beziehung der traditionellen Chimärismus Analyse überlegen zu sein.

Der MTSS-ScoreMTSS Score (sogenanntes „Myelofibrosis Transplant Scoring System“) ist ein optimiertes prognostisches System, das dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin erlaubt, das Überlebendie Überlebenswahrscheinlichkeit für Patient*innenPat. mit Myelofibrose nach allogener Stammzelltransplantation vorherzusagen einzuschätzen (Tabellen 1617 und Tabelle 1718). Der MTSS Score ist neben der PMF auch für die post-PV- und post-ET-Myelofibrose anwendbar und hat somit eine hohe und breite prognostische Aussagekraft [28].

Tabelle 17: MTSS-Score: Faktoren und Gewichtung der Einzelparameter Myelofibrosis Transplant Scoring System (MTSS Score): Faktoren und Gewichtung der Einzelparameter [28] 

Faktoren

Gewichtung (Punkte)

Transplantation von einem HLA-mismatch Spender

2

Abwesenheit der Treibermutationen CALR oder MPL

2

Alter ≥57≥ 57 Jahre zum Zeitpunkt der Transplantation

1

Karnofsky Index < 90%

1

Leukozytenzahl ≥25x10≥ 25 x 109/l

1

Thrombozytenzahl <150x10< 150 x 109/l

1

Vorliegen einer ASXL1 Mutation

1

Tabelle 18: Prognostische Einteilung des MTSS-Score Myelofibrosis Transplant Scoring System (MTSS Score) [28] 

Prognosegruppe

Anzahl von Punkten

5-Jahres-Überleben (%)

Niedrigrisiko

0-2

90

Mittleres Risiko

3-4

77

Hohes Risiko

5

50

Sehr hohes Risiko

6-9

34

6.1.2Nicht-kurative / symptomatische Therapie

6.1.2.1Watch und Wait Strategie

Bei Patient*innen mit einem Niedrig- oder Intermedärrisiko 1 ohne klinische Probleme (keine Splenomegalie-bedingten Beschwerden, keine konstitutionellen, MF-bedingten Beschwerden) sollte aufgrund der relativ guten Prognose eine watch & wait-Strategie verfolgt oder der Einschluss in ein entsprechendes Studienkonzept geprüft werden Es gibt keine Belege für den Wert einer spezifischen Arzneimitteltherapie bei asymptomatischen Pat. mit einem „niedrigen“ (geschätzte 10-Jahres-Überlebensrate von 50 %) oder „sehr niedrigen“ (geschätzte 10-Jahres-Überlebensrate von 86 %) MIPSSv2 Risiko. Bei Pat. mit sehr niedrigem und einem niedrigen Risiko ohne klinische Symptomatik (keine Splenomegalie bedingten Beschwerden, keine konstitutionellen, keine MF bedingten Beschwerden) sollte daher aufgrund der relativ guten Prognose eine watch & wait-Strategie verfolgt, eine nur problemorientierte Therapie oder der Einschluss in ein entsprechendes Studienkonzept geprüft werden [2930] (Abbildung 2). Patient*innen mit Intermediärrisiko 2 und Hochrisiko, die nicht für eine kurative allogene Stammzelltransplantation in Frage kommen, sollten problemorientiert oder in einem entsprechenden Studienkonzept behandelt werden (). Pat. in allen übrigen Risikogruppen, die nicht für eine kurative allogene Stammzelltransplantation in Frage kommen, sollten in einem entsprechenden Studienkonzept oder problemorientiert behandelt werden (Abbildung 2).

6.1.2.2Ruxolitinib, Fedratinib und FedratinibMomelotinib

Mit dem oralen JAK1/2-Inhibitor JAK1/2 Inhibitor RuxolitinibRuxolitinib steht seit 2012 die erste zugelassene, effektive und gut verträgliche medikamentöse Therapie mit einem TyrosinkinaseinhibitorTyrosinkinase Inhibitor für die Behandlung der primären Myelofibrose (PMF) bzw. der post-PV-/post-ET-Myelofibrose zur Verfügung. Der Einsatz von Ruxolitinib ist bei krankheitsbedingter Splenomegalie oder Symptomatik bei Erwachsenen mit primärer Myelofibrose (PMF), Post-PV-MF und Post-ET-MF indiziert (Abbildung 2). Durch Ruxolitinib werden insbesondere die Splenomegalie und die krankheitsassoziierten Symptome positiv beeinflusst. Darüber hinaus ist in beiden Phase III Zulassungsstudien (COMFORT I und II) [3132] und in einer post hoc-Analyse auch ein signifikanter lebensverlängernder Effekt für Ruxolitinib festgestellt worden [33]. In Untersuchungen des Knochenmarks fand sich in einzelnen Fällen ein Rückgang der Fibrose [34]. Die Therapie mit Ruxolitinib ist als Langzeittherapie vorgesehen.

Die Dosierung von Ruxolitinib zu Beginn orientiert sich in erster Linie an der Thrombozytenzahl. Die Empfehlungen zur Dosierung liegen dementsprechend zwischen 2 x 20 mg/ Tag und 2 x 5 mg/ Tag. Bei einer Thrombozytenzahl unter 50 x 109/ g/l/l sollte das Medikament abgesetzt/pausiertabgesetzt/ pausiert bzw. nur unter sehr engmaschiger Kontrolle gegeben werden (Details siehe Therapieprotokolle im Anhang). Bei deutlicher Anämie empfiehlt sich der Beginn mit einer niedrigeren Dosis, die im Verlauf gesteigert werden kann oder eine Primärtherapie mit Momelotinib [35]. In jedem Falle ist die Dosis der Wirkung und den Nebenwirkungen im Therapieverlauf anzupassen.

In der Regel ist ein Ansprechen auf Ruxolitinib innerhalb der ersten 12 Behandlungswochen zu erwarten. Die mediane Dauer bis zu einer Reduktion der Milzgröße um mindestens 35% lag bei etwa 12 Wochen [32]. Etwa zwei Drittel der Patienten erreichte ein solches Ansprechen in diesem Zeitraum. Allerdings wurde auch noch ein späteres Ansprechen beobachtet. Daher wird vor der definitiven Beurteilung des Ansprechens empfohlen, die Therapie über mindestens 6 Monate fortzusetzen. Besonders hervorzuheben ist, dass der Effekt auf die Milzgröße bei einer Dosis von unter 2 x 10 mg/Tag nachlässt, sodass eine Dosis von übermehr als 2 x 10 mg/Tag angestrebt werden sollte.

Zu jedem Zeitpunkt der Behandlung sollte ein abruptes Absetzen von Ruxolitinib unbedingt vermieden und das Medikament nur schrittweise reduziert werden, da sich ein lebensbedrohliches inflammatorisches Zustandsbild (Ruxolitinib(`Ruxolitinib Discontinuation Syndrome‘, RDS) entwickeln kann. In dieser Phase müssen die Patient*innenPat. engmaschig hinsichtlich Blutbildverschlechterungen, Splenomegalie, Anzeichen von Atemnot, Fieber und ggf. Entwicklung eines septischen Bildes SIRS mit Schock) möglichen Schockzeichen überwacht werden. [36].

Weitere Daten an einem großen Patientenkollektiv (JUMP Studie (n=2233), n=2233, Phase III bIIIb expanded-access Studie) bestätigten die Ergebnisse der COMFORT Studien [37]. Die häufigsten Nebenwirkungen waren eine Anämie (60%) und eine Thrombozytopenie (45%), die nur in einem geringen Prozentsatz zum Absetzen der Medikation führten. Nicht-hämatologische Nebenwirkungen waren meist leichtgradig. Schwere Pneumonien oder Harnwegsinfektionen wurden bei 4,7% bzw. 1,2% und Herpes Zoster Manifestationen bei 4 bis 6% der Patient*innenPat. beobachtet. Eine neuere Auswertung der JUMP Studie (welche im Gegensatz zu den COMFORT-Studien auch Patient*innenPat. mit einer Thrombozytenzahl <100x10 <100 x 109/l einschloss), zeigte, dass Ruxolitinib auch beiin Fällen mit einer Thrombozytenzahl zwischen 50 und 100x10100 x 109/l zu einer deutlichen Verringerung der Milzgröße und der Symptome führt führte [38]. Andere praxisrelevante Beobachtungen aus gepoolten Analysen der COMFORT-Studien und weiteren retrospektiv durchgeführten Analysen zeigten, dass die durch Ruxolitinib induzierte Anämie nicht die gleiche prognostische Auswirkung hat wie die Myelofibrose-bedingteMyelofibrose bedingte Anämie und somit keinen Grund für ein Absetzen der Medikation darstellt [39]. In einer weiteren Analyse zeigte sich, dass eine Reihe von Faktoren negativ mit dem Ansprechen der Milz korrelierten (Zeitintervall zwischen Diagnose und Ruxolitinib Beginn über 2 Jahre, hohes/mittleres IPSS-Risikohohes/ mittleres IPSS Risiko, Splenomegalie ≥10≥ 10 cm unter Rippenbogen, Thrombozytenzahl <200 x10x 109/l, Transfusionsabhängigkeit, Ruxolitinibdosis <20 mg/Tag). Diese Resultate sprechen für einen frühzeitigeren Behandlungsbeginn und eine höhere Ruxolitinib-Dosis von (≥10 mg zweimal täglich) /l, Transfusionsabhängigkeit, Ruxolitinib Dosis < 20 mg/Tag). Diese Resultate sprechen für einen frühzeitigeren Behandlungsbeginn und eine Ruxolitinib Dosis von ≥10 mg zweimal täglich [40].

Es existiert kein einheitlicher Konsens hinsichtlich der Definition von des Ruxolitinib-VersagenRuxolitinib Versagens, der Intoleranz oder suboptimalem dem suboptimalen Ansprechen. In den COMFORT Studien traten diese Komplikationen bei 50% der Fälle die erwähnten Komplikationen nach 3 Jahren auf, verbunden mit einer schlechten Prognose [41]. Die häufigsten Ursachen von Ruxolitinib-Versagen Ruxolitinib Versagen sind der Verlust oder das Ausbleiben einer signifikanten Abnahme der Splenomegalie oder des Ansprechens auf die Symptome sowie die Entwicklung oder das Fortbestehen von klinisch signifikanten Zytopenien [42]. Im klinischen Alltag ist die Bewertung des Versagens von Ruxolitinib uneinheitlich und möglicherweise nicht selten subjektiv. Eine einheitliche Definition eines suboptimalen Ansprechens oder Versagens wäre allerdings für die Entscheidung einer Therapieumstellung oder auch den Einschluss in klinische Studien wünschenswert. . Das RR6-Prognosemodell ermöglicht die frühzeitige Identifizierung von mit Ruxolitinib behandelten Myelofibrose Pat. mit eingeschränktem Überleben, die von einer sofortigen Umstellung der Behandlung profitieren könnten [43]. Die multivariable Analyse ergab hierbei die folgenden Risikofaktoren:

  1. Ruxolitinib Dosis < 20 mg zweimal täglich bei Studienbeginn, in den Monaten 3 und 6,

  2. Tastbare Milzlängenreduktion gegenüber Studienbeginn ≤ 30 % in den Monaten 3 und 6,

  3. Bedarf an Transfusionen roter Blutkörperchen (EK) in den Monaten 3 und/ oder 6 und

  4. Bedarf an Erythrozyten Transfusionen (EK) zu allen Zeitpunkten (d. h. zu Beginn und in den Monaten 3 und 6).

Der entsprechende Score der Pat. (d. h. die Summe der Punkte, die den Risikofaktoren des Patienten zugewiesen werden) reicht daher von einem Minimum von 0 bis zu einem Höchstwert von 4. Die Berechnung der RR6-Risikokategorie kann webbasiert ermittelt werden (http://www.rr6.eu/). Hieraus ergeben sich drei prognostische Gruppen:

  • niedriges Risiko (kein schlechter prognostischer Faktor [d. h. Score 0], 19,1 % der Patienten; medianes OS, nicht erreicht);

  • mittleres Risiko (Score 1 bis 2, 45,2 % der Patienten; medianes OS, 61 Monate; 95 % CI, 43-80); und

  • hohes Risiko (Score 2,5 oder mehr, 35,6 % der Patienten; medianes OS, 33 Monate; 95 % CI, 21-50).

Das frühzeitige Erkennen von Pat. mit hohem Sterblichkeitsrisiko während der Ruxolitinib Behandlung (Gruppe „hohes Risiko“) ermöglicht das rechtzeitige Umstellen auf eine Zweitlinientherapie einschließlich der Planung und Durchführung einer alloSZT.

An dieser Stelle wird auf die Ergebnisse der ROMEI Studie hingewiesen, die gezeigt hat, wie wichtig eine optimale Ruxolitinib-Dosierung bei Patienten mit Myleofibrose ist, um eine maximale Wirksamkeit und ein verbessertes Überleben bei kontrollierbarer Sicherheit zu erreichen [44].

Statt dem RR6 Score können aber auch klinische Kriterien für ein Ruxolitinib-Versagen herangezogen werden (Tabelle 19):

Tabelle 19: klinische Kriterien für ein Ruxolitinib-Versagen [45] 

Primäre Resistenzen

Sekundäre Resistenzen

Intoleranz

Progression

  • Keine palpatorische Veränderung der Milzlänge

  • Keine Verringerung milzbezogener Symptome

  • <50% Verringerung des MPN-SAF-Scores ODER für den Patienten weiterhin unzumutbare Symptome

  • Verlust der anfänglichen Milzgrössen-Reduktion mit Rückkehr zum Ausgangswert

  • Verlust eins anfänglichen Ansprechens der Symptome mit Rückkehr zum Ausgangswert

  • Jede unannehmbare, durch die Behandlung hervorgerufene Toxizität

  • Thrombozytenzahl <35 x 109/L

  • Verdoppelung der Erythrozyten-Transfusionsrate nach 3 Monaten und Notwendigkeit einer Transfusion von 2 Einheiten < 8 Wochen

  • Anstieg des Blastenanteils im Knochenmark oder peripheren Blut auf ≥ 10%

  • Zunahme der Milzlänge um 25% im Vergleich zum Ausgangswert bei Therapiestart

Die früher publizierte Beobachtung eines seltenen Auftretens von aggressiven Lymphomen unter der Ruxolitinib Therapie betraf ausschließlich Pat., bei welchen gleichzeitig bereits vor der Gabe von Ruxolitinib eine klonale B-Zell Population nachzuweisen war [46]. In neueren Arbeiten konnte ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von Ruxolitinib und malignen Lymphomen nicht bestätigt werden. Allerdings gibt es Berichte über die Entwicklung von Hauttumoren unter einer Ruxolitinib Therapie, z. T. invasiv-wachsend, wobei noch zu klären ist, inwieweit hier eine Vortherapie mit Hydroxyurea einen zusätzlichen Einfluss hat [47].

Fedratinib, ein JAK2- und FLT3-Inhibitor wurde in Europa auf der Basis der Daten der Phase III JAKARTA und JAKARTA-2 Studien zugelassen [4849]. Fedratinib zeigte eine klinisch bedeutsame Reduktion des Milzvolumens und der Symptomatik bei Pat., deren Erkrankung unter Ruxolitinib progredient verlief (JAKARTA-2) oder die nicht mit einem JAK Inhibitor vorbehandelt waren (JAKARTA). Als schwere Nebenwirkungen traten im klinischen Entwicklungsprogramm, das insgesamt 608 Proband*innen einschloss, acht Verdachtsfälle von Wernicke-Enzephalopathien auf, von denen einer tödlich verlief. Allerdings erwies sich in der Reanalyse dieser Daten nur ein Fall als eindeutige Wernicke-Enzephalopathie, so dass in der Rückschau diese Komplikation ein eher seltenes Ereignis darstellt. Ursächlich wird ein Zusammenhang mit Malnutrition und Thiamin Mangel diskutiert.

Fedratinib wird angewendet für die Behandlung krankheitsbedingter Splenomegalie oder Symptome bei erwachsenen Patienten mit PMF, Post-PV-MF oder Post-ET-MF, die mit Ruxolitinib vorbehandelt waren oder bisher keinen anderen JAK-Inhibitor erhalten hatten [50]. Die empfohlene Dosis von Fedratinib beträgt 400 mg/Tag (siehe Anhang Therapieprotokolle). Der Beginn einer Behandlung mit Fedratinib wird bei Pat. mit einem Ausgangswert der Thrombozytenzahl von unter 50 x 109/l und einer Neutrophilen Zahl von unter 1 x 109/l nicht empfohlen. Es wird dringend empfohlen, die Fachinformation zu beachten und den Thiamin Spiegel vor Beginn der Behandlung mit Fedratinib zu normalisieren und während der Behandlung regelmäßig und wie klinisch angezeigt zu beurteilen. Häufige Nebenwirkungen sind Anämie und Thrombozytopenie sowie Diarrhöe, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit und Muskelkrämpfe.

In der 2. Linie nach Ruxolitinib gibt es aus retrospektiven real-world Studien zunehmend Daten, die die Wirksamkeit von Fedratinib bei Pat. mit Myelofibrose belegen, die Ruxolitinib abgesetzt haben [5152]. Diese Fedratinib Wirksamkeit bei vorherigem Versagen von Ruxolitinib gegenüber dem Fortführen von Ruxolitinib betrifft sowohl das Ansprechen einer Splenomegalie als auch der Myelofibrose-bedingten Symptome sowie sich auch hier eine Tendenz zu einem verlängerten Überleben abzeichnet [5152].

Momelotinib Die früher publizierte Beobachtung des seltenen Auftretens von aggressiven Lymphomen unter Ruxolitinib Therapie betraf ausschließlich Patient*innen, bei welchen gleichzeitig bereits vor der Gabe von Ruxolitinib eine klonale B-Zell Population nachzuweisen war (ein . In neueren Arbeiten wird ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von Ruxolitinib und malignen Lymphomen nicht mehr beschrieben. Allerdings gibt es eine zunehmende Evidenz für die Entwicklung aggressiver Hauttumoren unter einer Ruxolitinibtherapie, wobei noch zu klären ist, inwieweit hier eine Vortherapie mit Hydroxyurea einen Einfluss hat JAK1/JAK2- und ACVR1/ALK2-Inhibitor), hat sich in ersten Phase 3 Studien (SIMPLIFY-I und II) als effektiv, aber gegenüber Ruxolitinib insbesondere im Hinblick auf die Milzvolumenreduktion nicht als überlegen gezeigt. Von besonderem Interesse war jedoch in beiden SIMPLIFY Studien die überzeugende Wirkung auf die Myelofibrose bedingte Anämie mit einer Transfusionsunabhängigkeit von 67% bzw. 43% [5354].. In der MOMENTUM Studie, einer Phase-3-Studie, wurde Momelotinib (200 mg täglich; N = 130) 2:1 randomisiert mit Danazol (N = 65) verglichen bei symptomatischen (TSS ≥10) und anämischen Myelofibrose Pat. (Hb <10 g/dl, Thrombozyten ≥ 25 G/l) und vorheriger Behandlung mit einem JAK Inhibitor [55]. Der primäre Endpunkt war die Ansprechrate auf den Myelofibrose Symptom Bewertungsbogen (MFSAF) in Woche 24 (definiert als ≥ 50%ige Verringerung der mittleren MFSAF-TSS (TSS: „total symptom score“) in den 28 Tagen unmittelbar vor Ende von Woche 24 im Vergleich zum Ausgangswert). Ein signifikant größerer Anteil der Myelofibrose Pat. in der Momelotinib-Gruppe berichtete über eine Verringerung des „total symptom scores“ (TSS) um ≥ 50% im Vergleich zur Danazol-Gruppe (25% versus 9%). Damit war der primäre Endpunkt der Studie erreicht. Darüber hinaus war Momelotinib in der Woche 24 Danazol sowohl bezüglich der SVR35 (Reduktion der Milzgröße um mindestens 35% im MRT mit 23% versus 3%) als auch bezüglich der Transfusionsunabhängigkeitsrate mit 35% versus 17% signifikant überlegen. Die häufigsten behandlungsbedingten unerwünschten Nebenwirkungen ≥ Grad 3 bei Momelotinib und Danazol waren die Entwicklung einer Anämie (61% versus 75%) und einer Thrombozytopenie (28% versus 26%). Die häufigsten nicht-hämatologischen unerwünschten Ereignisse ≥ Grad 3 bei Momelotinib und Danazol waren eine akute Nierenschädigung (3% versus 9%) und eine Pneumonie (2% versus 9%). Die Daten dieser Studie führten Anfang 2024 zur Zulassung von Momelotinib in Europa durch die EMA in einer Dosierung von 200 mg/Tag „zur Behandlung von krankheitsbedingter Splenomegalie oder Symptomen bei erwachsenen Pat. mit moderater bis schwerer Anämie, die an primärer Myelofibrose, Post-Polycythaemia Vera-Myelofibrose oder Post-Essenzieller Thrombozythämie-Myelofibrose erkrankt sind, und die nicht mit einem Januskinase (JAK)-Inhibitor vorbehandelt sind oder die mit Ruxolitinib behandelt wurden.“ Für die Schweiz erfolgte die Zulassung von Momelotinib im September 2024 ebenfalls in einer Dosierung von 200 mg/d „als Monotherapie zur Behandlung der primären Myelofibrose, der Myelofibrose nach Polycythaemia vera oder der Myelofibrose nach essentieller Thrombozythämie mit intermediärem oder hohem Risiko bei Erwachsenen mit moderater oder schwerer Anämie, die vorgängig mit Ruxolitinib behandelt wurden oder für eine Behandlung mit Ruxolitinib nicht in Frage kommen, und die nicht für eine allogene Stammzelltransplantation vorgesehen sind“. Die empfohlene Dosierung von Momelotinib ist 200 mg/Tag, für Dosisanpassungen stehen 150 und 100 mg Tabletten zur Verfügung.

Fedratinib, ein JAK2- und FLT3-Inhibitor wurde in Europa auf der Basis der Daten der Phase III JAKARTA und JAKARTA-2 Studien zugelassen In der deutschlandweiten, multizentrischen, retrospektiven Analyse der MoReLife Studie wurde unter realen Bedingungen das Sicherheits- und Wirksamkeitsprofil von Momelotinib in einer Kohorte von 60 Myelofibrose Pat. unabhängig von der Vorbehandlung untersucht [56]. Fedratinib zeigte eine klinisch bedeutsame Reduktion des Milzvolumens und der Symptomatik bei Patient*innen, deren Erkrankung unter Ruxolitinib progredient verlief (JAKARTA-2) oder die noch keinen JAK-Inhibitor erhalten hatten (JAKARTA). Als schwere Nebenwirkungen traten im klinischen Entwicklungsprogramm, das insgesamt 608 Proband*innen einschloss, acht schwere Verdachtsfälle von Wernicke-Enzephalopathien auf, von denen einer tödlich verlief. Allerdings blieb in der Reanalyse dieser Daten nur ein eindeutiger Fall von Wernicke-Enzephalopathie übrig, so dass diese Komplikation in der Rückschau ein eher seltenes Ereignis darstellt. Ursächlich wird ein Zusammenhang mit Malnutrition und Thiaminmangel diskutiert. . Interessanterweise stiegen nicht nur die Hämoglobinwerte bei 84% der Pat. an, sondern auch die Thrombozyten Werte (67%). Bei den transfusionsabhängigen Pat. (n = 38) verbesserte sich der Transfusionsbedarf bei 15 Pat. (39%), wobei 8 (21%) eine Transfusionsunabhängigkeit im Median innerhalb von 4 Wochen erreichten (range 2-12 Wochen). Die Milzgröße verringerte sich in einer medianen Ansprechzeit von 6 Wochen bei 25% der Pat.. Bei 47% der symptomatischen Pat. wurde mit einer medianen Ansprechzeit von 4 Wochen eine klinische Verbesserung festgestellt. Als neue, aber beherrschbare Nebenwirkung wurde bei 17% der Pat. ein Kreatinin Anstieg (CTC Grad 1-2) festgestellt. Fünf Pat. brachen die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen ab (8%), 10% der Pat. aufgrund einer Verschlechterung der klinischen Symptome.

Fedratinib wird angewendet für die Behandlung krankheitsbedingter Splenomegalie oder Symptome bei erwachsenen Patienten mit PMF, Post-PV-MF oder Post-ET-MF, die mit Ruxolitinib vorbehandelt waren oder bisher keinen anderen JAK-Inhibitor erhalten hatten Wichtig bezüglich der Verordnungsfähigkeit mit einer Zweitlinientherapie eines JAK Inhibitors ist die Auffassung des Kompetenz-Centrums Onkologie der Medizinischen Dienste und des BfArM von Ende 2024, die beide aufgrund der bei der EMA eingereichten Daten eindeutig formulieren: „Es wird daher nach einer Therapie mit Ruxolitinib zu entscheiden sein, ob entweder Fedratinib oder Momelotinib zum Tragen kommen soll. Alle anderen Kombinationen sind off-label“. Dies betrifft auch eine vorherige Studienteilnahme und auch eine Drittlinientherapie. Für diese Konstellationen wäre dann ein gesonderter Antrag bei der Krankenkasse zu stellen (für DGHO Mitglieder: siehe . Die empfohlene Dosis von Fedratinib beträgt 400 mg/Tag (siehe Anhang TherapieprotokolleAntragshilfe der DGHO). Der Beginn einer Behandlung mit Fedratinib wird bei Patient*innen mit einem Ausgangswert der Thrombozytenzahl von unter 50x10). 9/l und einer Neutrophilenzahl von unter 1x109/l nicht empfohlen. Es wird dringend empfohlen, die Fachinformation zu beachten und den Thiaminspiegel vor Beginn der Behandlung mit Fedratinib zu normalisieren und während der Behandlung regelmäßig und wie klinisch angezeigt zu beurteilen. Häufige Nebenwirkungen sind Anämie und Thrombozytopenie sowie Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit und Muskelkrämpfe.

6.1.2.3Problemorientierte Strategien
6.1.2.3.1Hyperproliferation (Thrombozytose, Leukozytose)

Zur Kontrolle einer Hyperproliferation (Thrombozytose, Leukozytose) mit oder ohne Splenomegalie kommt in erster Linie Hydroxyurea zum Einsatz, wobei sich die Empfehlung zur Therapieeinleitung in der Regel an den Richtwerten bei der ET orientiert (siehe Onkopedia-Leitlinie Essentielle Thrombozythämie). Hydroxyurea wurde bis zur Zulassung von Ruxolitinib für die Behandlung der Myelofibrose als medikamentöse Standardtherapie der Myelofibrose betrachtet [57]. Dies galt insbesondere für Patient*innenPat. mit Myelofibrose, die eine Hyperproliferation der Myelopoese (Thrombozytose, Leukozytose) und/oder eine ausgeprägte Splenomegalie aufwiesen. Die effektive Dosis beträgt bei den meisten Patient*innenPat. ca. 500-1500 mg/Tag. Es gibt aber auch Erfahrungen mit der Kombination von Hydroxyurea und Ruxolitinib. Insbesondere in Fällen mit ausgeprägter Leukozytose bei noch hinreichender oder erhöhter Thrombozytenzahl kann mit dieser Kombination die Leukozytenzahl gut kontrolliert werden . Insbesondere in Fällen mit ausgeprägter Leukozytose bei noch hinreichender oder erhöhter Thrombozytenzahl kann mit dieser Kombination die Leukozytenzahl aber auch die Thrombozytenzahl (bei vorheriger Thrombozythämie) gut kontrolliert werden [58]. . Auch die zusätzliche Gabe von Anagrelid kann in Einzelfällen sinnvoll sein, z.B. bei nicht anders zu beherrschender Thrombozythämie. Generell sollte Anagrelid aber bei der MF nur als Reserve-Medikament eingesetzt werden, da es nach den gegenwärtigen Daten der Fibrose nicht entgegenwirkt bzw. die Fibrose sogar fördern könnte.

6.1.2.3.2Anämie

Zur Behandlung einer therapiebedürftigen Anämie können insbesondere bei zusätzlicher Autoimmunhämolyse (niedriges Haptoglobin und evtl. positiver Coombs-Test) Kortikosteroide eingesetzt werden [57]. Es sollte mit einer initialen Dosis von 0,5 mg Prednisolon pro kg Körpergewicht über 3 Wochen begonnen werden. Anschließend sollte die Dosis reduziert und ggf. eine Dauertherapie mit niedrigen Dosen unterhalb der Cushingschwelle durchgeführt werden. Etwa ein Drittel der Patient*innen sprechen auf diese Therapie an, die meisten allerdings nur vorübergehend. Ein Eisenmangel als Ursache für die Anämie sollte ausgeschlossen werden.je nach klinischer Dynamik und Ausprägung der Anämie mit einer initialen Dosis von 0,5 mg – 1 mg Prednisolon pro kg Körpergewicht über 3 Wochen begonnen werden. Anschließend sollte die Dosis reduziert und ggf. eine Dauertherapie mit niedrigen Dosen unterhalb der Cushing Schwelle durchgeführt werden. Etwa ein Drittel der Pat. sprechen auf diese Therapie an, die meisten allerdings nur vorübergehend. Ein Eisenmangel als Ursache für die Anämie sollte ausgeschlossen oder, wenn vorliegend, behandelt werden.

In einigen Publikationen wird die Wertigkeit der In einigen Publikationen wird in Hinblick auf die Myelofibrose bedingte Anämie die Wertigkeit der Erythropoetin-Behandlung in Hinblick auf die PMF-bedingte Anämie beschrieben [59]. Bei einer initialen Gabe von 3 x 103 x 10.000 I000 I.E. pro Woche kann mit einem Ansprechen bei etwa der Hälfte der Patient*innen Pat. mit einem Ansprechen gerechnet werden. Es kann bis zu 3 MonatenMonate dauern, bis ein Ansprechen auftritt. Komplette Remissionen (vollständige Rückbildung des Transfusionsbedarfes und Normalisierung des Hb-Wertes) treten in ca. 20 bis 25 %25% der Fälle auf. Ein Serumerythropoetin-Spiegel <125 U/l ist Voraussetzung<125 U/l ist für ein günstiges Ansprechen auf Erythropoetin Voraussetzung. Mit pegylierten Langzeitpräparaten werden vergleichbare Ansprechraten erzielt. Zu beachten ist allerdings, dass unter Erythropoietin die Splenomegalie durch Stimulation der extramedullären Blutbildung deutlich zunehmen kann. Es gibt nun auch zunehmende Erfahrungen mit der Kombination von Erythropoietin und Ruxolitinib. Eine generelle Empfehlung hinsichtlich der Effektivität und Nebenwirkungsrate dieser Kombination kann mangels zuverlässiger Daten nicht gegeben werden. Zu beachten ist außerdem, dass bei der Myelofibrose eine spezielle Zulassung für Erythropoetin bei vorliegender Anämie nicht vorliegt.

Es gibt nun auch zunehmende Erfahrungen mit der Kombination von Erythropoietin und Ruxolitinib. Eine generelle Empfehlung kann hier allerdings mangels zuverlässiger Daten hinsichtlich Effektivität und Nebenwirkungsrate nicht gegeben werden. Zu beachten ist außerdem, dass eine spezielle Zulassung für Erythropoetin bei Anämie durch Myelofibrose nicht vorliegt.

6.1.2.3.3Splenomegalie

Aktuell werden aufgrund der Effektivität und Zulassung JAK2-Hemmer (Ruxolitinib, Fedratinib) zur Therapie der Splenomegalie eingesetzt. Nur wenn hierunter mangels Ansprechens oder Nebenwirkungen Probleme entstehen, kommen die Milzbestrahlung oder Splenektomie in Diskussion.

Aktuell werden aufgrund der Effektivität und Zulassung JAK2-Inhibitoren (Ruxolitinib, Fedratinib, Momelotinib) zur Therapie der Splenomegalie eingesetzt. Nur wenn hierunter mangels Ansprechens oder Nebenwirkungen Komplikationen auftreten oder die Pat. nicht in eine Studie eingeschlossen werden können, sollte die Milzbestrahlung oder die Splenektomie diskutiert werden.

Milzbestrahlung: Eine nur passagere, aber wirkungsvolle Maßnahme zur Behandlung einer Splenomegalie stellt die Milzbestrahlung dar [60]. Eine positive Beeinflussung der Erkrankung besteht auch bei ausgeprägten Allgemeinsymptomen. Die durchschnittliche Ansprechdauer nach Bestrahlung beträgt maximal 6 Monate. Wiederholte Bestrahlungen sind im Verlauf möglich, vor allem, wenn zuvor nur kleinere Dosen eingesetzt wurden. Problematisch, insbesondere bei Anwendung höherer Strahlendosen oder bei Vorliegen eines großen Strahlenfeldes, sind oftmals ausgeprägte, prolongierte Zytopenien im Anschluss an eine Milzbestrahlung. Die optimale Strahlendosis ist individuell zu bestimmen, da kein linearer Zusammenhang zwischen applizierter Strahlendosis und Entwicklung einer Zytopenie besteht. Die Indikationen für eine Splenektomie sind vor Beginn einer Strahlentherapie zu prüfen, da die Komplikationsraten für die Splenektomie nach Strahlentherapie deutlich ansteigen.. Eine positive Beeinflussung der Erkrankung besteht auch bei ausgeprägten Allgemeinsymptomen. Die durchschnittliche Ansprechdauer nach Bestrahlung beträgt allerdings nur maximal 6 Monate. Wiederholte Bestrahlungen sind im Verlauf möglich, vor allem, wenn zuvor nur kleinere Dosen eingesetzt wurden. Problematisch, insbesondere bei Anwendung höherer Strahlendosen oder bei Vorliegen eines großen Strahlenfeldes, sind im Anschluss an eine Milzbestrahlung oftmals ausgeprägte und prolongierte Zytopenien. Die optimale Strahlendosis ist individuell zu bestimmen, da kein linearer Zusammenhang zwischen applizierter Strahlendosis und Entwicklung einer Zytopenie besteht. Die Indikationen für eine Splenektomie sind vor Beginn einer Strahlentherapie zu prüfen, da die Komplikationsraten für die Splenektomie nach einer Strahlentherapie deutlich ansteigen. Die Milzbestrahlung unmittelbar vor einer alloSZT ist bei Myelofibrose Pat. mit einer ausgeprägten Splenomegalie, bei denen die JAK-Inhibition versagt hat, ein sinnvolles Vorgehen und ist zudem mit einer geringeren Inzidenz an Rezidiven verbunden [24].

Splenektomie: Diese geht als Therapie einer Splenomegalie mit einer sehr hohen Morbidität und Mortalität einher. Die meisten Erfahrungen hierzu liegen aus der Mayo- Klinik vor Die Splenektomie ist als Therapie einer Splenomegalie bei der Myelofibrose mit einer sehr hohen Morbidität und Mortalität verbunden und sollte daher vermieden werden. Die meisten Erfahrungen hierzu liegen aus der Mayo- Klinik vor [61]. Die perioperative Mortalitätsrate lag bei 7% (perioperative Blutungen, Infektionen und Thrombosen) und die perioperative Morbidität bei 30%. Es gab einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Auftreten einer perioperativen Thrombose und einer postoperativen Thrombozytose. Dennoch konnte nach einem Jahr für 76% der Patient*innenPat. ein palliativer Nutzen der Splenektomie, d.h. Besserung des Allgemeinbefindens und fehlende Beschwerden durch die große Milz, belegt werden. Eine Knochenmarkhistologie zur Beurteilung der Resthämatopoese sowie eine zytoreduktive Therapie bei Thrombozytose sind vor Splenektomie obligat. Wenn die Hämatopoese nur noch in der Milz stattfindet, ist eine Splenektomie kontraindiziert. Zur Verhütung des OPSI-Syndroms sollte eine PneumokokkenimpfungPneumokokken, Meingokokken und Haemophilus Impfung durchgeführt werden.

6.1.2.4Im ‚Off-Labe-Use‘ verfügbare Substanzen und weitere Therapieansätze

Androgene (Nandrolon) und Danazol

Nandrolon und Danazol (off label) sind in Einzelfallberichten bei transfusionspflichtiger Anämie eingesetzt worden (Dosierung von Danazol (Gonadotropinhemmer): 2-3-mal 200 mg/Tag). Die Wirksamkeit kann erst nach 2-3 Monaten beurteilt werden. Falls Androgene starke Nebenwirkungen (Anstieg der Leberwerte, Virilisierung bei Frauen) verursachen, müssen sie abgesetzt werden. Ein Ansprechen der Anämie kann in ca. 50% der behandelten Fälle erwartet werden [45].

Interferon-Alpha

Pegyliertes Interferon α-2a (Peg-IFNα-2a) wurde auch bei Myelofibrose (off label) eingesetzt. 62 Patient*innen mit PMF/post-PV-MF/post-ET-MF wurden im Median 26 Monate mit Peg-IFNα-2a behandelt. Die durchschnittliche IFN-Dosis am Beginn der IFN-Therapie lag bei ~100 µg/Woche. 64% der Patienten (16 von 25) mit Anämie (acht erhielten zusätzlich Erythropoietin) erreichten eine komplette hämatologische Remission und 39% eine Transfusionsunabhängigkeit. Eine Besserung der konstitutionellen Symptome bzw. ein Rückgang der Splenomegalie konnte bei 82 bzw. 47% der Patient*innen erreicht werden. Peg-IFNα-2a war am effektivsten bei mäßiger Splenomegalie (<6 cm unter Rippenbogen), mäßiger Thrombozytopenie und mäßiger Transfusionsbedürftigkeit sowie bei Vorliegen einer frühen Form der PMF. Komplette molekulare Remissionen konnten in Einzelfällen erreicht werden. Die Art der Driver-Mutation und die Anzahl zusätzlicher Mutationen (ASXL1, TET2) beeinflussten das Ansprechen [46]. Eine weitere Studie zeigte, dass der frühe Einsatz von IFN bei Niedrigrisiko- oder Intermediär 1-Risiko-Patienten ohne Hochrisikomutationen den Krankheitsprogress aufhalten und Remissionen induzieren kann. Somit stellt sich auch die Frage nach den möglichen Vorteilen eines frühzeitigen Einsatzes von IFN bei Patient*innen mit präPMF [47].

Imide

In mehreren Phase-II-Studien hat sich Thalidomid als wirksame Substanz bei Patient*innen mit einer hämatopoetischen Insuffizienz, insbesondere in Hinblick auf eine Anämie oder Thrombopenie erwiesen [48]. Die Abbruchraten, vor allem aufgrund von peripherer Neuropathie, waren hoch und lagen bei einer Thalidomiddosis zwischen 50 und 400 mg/Tag bei etwa 50%. Das sogenannte Mayo-Schema sieht folgende Dosierung vor: Thalidomid 50 mg/Tag und Prednisolon 0,5 mg/kg Körpergewicht/Tag (Monat 1); Prednisolon 0,2 mg/kg KG (Monat 2); Prednisolon 0,125 mg/kg KG (Monat 3). Etwas bessere Ansprechraten bei ebenfalls verbesserter Verträglichkeit werden mit den Nachfolgesubstanzen Lenalidomid und Pomalidomid erzielt. In der deutschen MPN01-09 Studie konnte für 2 mg versus 0,5 mg Pomalidomid eine höhere (39% vs. 24%), qualitativ bessere und längere Ansprechrate (15 vs. 10 Monate) erzielt werden. Bemerkenswerterweise haben insbesondere Patienten mit einer TET2 Mutation von Pomalidomid profitiert [49]. Neue Ansätze verwenden eine Kombinationstherapie von Ruxolitinib mit Pomalidomid (Phase Ib/II Studie der deutschen MPN Studiengruppe GSG-MPN) oder Thalidomid bzw. Ruxolitinib mit Azacytidine, vor allem in den akzelerierten Stadien der Myelofibrose. Der Einsatz von Imiden ist nur off label möglich.

Imetelstat

Mit dem Telomerase-Inhibitor Imetelstat konnte in einer Pilotstudie mit 33 Intermediär-2 oder Hochrisiko-Patient*innen mit Myelofibrose bei 21% eine komplette oder partielle hämatologische Remission erreicht werden. Signifikante Nebenwirkungen waren eine transiente Myelosuppression und Anstieg der Leberenzyme. In der nachfolgenden IMBARK-Studie, einer multizentrischen Phase II Studie, wurde Imetelstat randomisiert in zwei Dosisstufen bei mit JAK-inhibitoren vorbehandelten Intermediär 2 oder Hochrisikopatienten mit Myelofibrose getestet. Obwohl ein bedeutsames Ansprechen auf Milzgröße und Symptome nur in der Hochdosisgruppe gezeigt wurde, betrug das mediane Überleben 28,1 Monate (95% CI 22,8-31,6) in der Hochdosisgruppe und 19,9 Monate (95% CI 17,1-33,9) in der Niedrigdosisgruppe. Das Ansprechen korrelierte mit dem Ausmaß der Telomerase-Hemmung in hämatopoietischen Zellen [50]. Die Überlebenszeit unter Imetelstat vs. Plazebo wird derzeit in einer randomisierten Phase-3-Studie untersucht. Eingeschlossen werden Patient*innen, die auf JAK-Inhibitoren refraktär sind (NCT04576156).

Luspatercept und Sotatercept

Luspatercept und Sotatercept (Inhibitoren des TGF-beta Signalweges) sind Reifungsinduktoren der Erythropoese. Luspatercept führt bei 10 bis 50 % der MDS Patienten mit niedrigerem Risiko zur Unabhängigkeit von Erythrozytentransfusionen [51], weshalb die Substanz inzwischen auch (off label) bei PMF eingesetzt wird. Die Hemmung des TGF-beta Signalweges kann bei PMF die Entwicklung einer Fibrose verhindern und die normale Hämatopoese, insbesondere die Erythropoese, verbessern. In einer laufenden Phase 2-Studie (NCT03194542) wird Luspatercept bei Patient*innen mit Myelofibrose und Anämie eingesetzt, wobei das Hauptinteresse auf dem Ansprechen transfusionsabhängiger Patienten liegt. Eine aktuelle Phase-3-Studie (INDEPENDENCE-Studie, NCT04717414) soll die Wirksamkeit und Sicherheit von Luspatercept im Vergleich zu Placebo unter gleichzeitiger Therapie mit einem JAK2-Hemmer untersuchen. Eingeschlossen werden Patienten mit primärer und sekundärer Myelofibrose mit Anämie, die Erythrozytentransfusionen benötigen. Sotatercept (noch nicht zugelassen), zeigt in ersten Studien ermutigende Daten bei Myelofibrose assoziierter Anämie oder Transfusionsabhängigkeit [52].

Weitere JAK-Inhibitoren (Pacritinib, Momelotinib, Jaktinib)

In jüngerer Vergangenheit wurden außer Ruxolitinib noch weitere JAK-Inhibitoren bei der Myelofibrose in klinischen Studien evaluiert [53]. Demnächst ist eine Zulassung von Pacritinib (JAK2/FLT3 Inhibitor) in der Zweitlinie nach Ruxolitinib [54] zu erwarten, welche voraussichtlich auch Patienten mit niedrigerer Thrombozytenzahl (<50x109/l) einschließen wird. Momelotinib (JAK1/JAK2- und ACVR1/ALK2-Inhibitor), hat sich in Studien (SIMPLIFY-I und II) zwar als effektiv, aber gegenüber Ruxolitinib insbesondere im Hinblick auf die Milzvolumenreduktion nicht als überlegen gezeigt. Von besonderem Interesse war jedoch in beiden SIMPLIFY-Studien die überzeugende Wirkung auf die Myelofibrose-bedingte Anämie mit Transfusionsunabhängigkeit von 67 bzw. 43%, sodass weitere zukünftige Programme bzw. eine Zulassung von Momelotinib von Interesse sein könnten [55,56]. Jaktinib (JAK1/2/3-Inhibitor) erwies sich in einer Phase 2-Studie effizient in Bezug auf die Reduktion des Milzvolumens. Die Substanz wird derzeit in einer Phase 2-Studie geprüft (NCT04851535).

Pelabresib, Navitoclax, Parsaclisib, KRT-232

Die im Folgenden dargestellten Substanzen stellen innovative Therapiekonzepte dar, welche in laufenden Studien bei PMF untersucht werden [57].

Pelabresib (CPI-0610) ist ein potenter BET-Inhibitor, der aktuell in Studien bei Patienten mit Myelofibrose getestet wird. BET-Inhibitoren können die Entzündungsreaktionen von Makrophagen aus dem Knochenmark erheblich reduzieren, indem sie die Expression von Interleukinen supprimieren. Die Kombination von JAK- und BET-Inhibitor führt zu einer synergistischen Reduktion der inflammatorischen Zytokinspiegel, der Splenomegalie und der Knochenmarkfibrose (Phase 2-MANIFEST-Studie).
Navitoclax (BCL-2/BCL-xL-Inhibitor), wurde in Kombination mit Ruxolitinib in einer Phase-2-Studie bei 34 Myleofibrose-Patient*innen untersucht, bei welchen Ruxolitinib nicht mehr wirksam war und führte zur Reduktion des Milzvolumens, Symptomkontrolle und Verbesserung von Knochenmarkfibrose und Mutationslast. Eine aktuelle Placebo-kontrollierte Phase-3-Studie, vergleicht die Kombination von Navitoclax und Ruxolitinib versus Ruxolitinib-Monotherapie bei JAK-Inhibitor-naiven Patient*innen (NCT04472598) und auch bei Patient*innen mit Rezidiv/Refraktärität unter JAK-Inhibitoren (NCT04468984).
Parsaclisib (PI3K-Inhibitor) wurde in einer Phase-2-Studie mit 51 PMF-Patient*innen, die unzureichend auf Ruxolitinib angesprochen hatten, untersucht. Die positiven Ergebnisse bezüglich Milzgrößenreduktion und Symptomkontrolle führten zu zwei Phase-3-Studien, die derzeit für JAK-Inhibitor-naive Patient*innen (NCT04551066) und für Patient*innen mit suboptimalem Ansprechen auf JAK-Inhibition (NCT04551053) durchgeführt werden.
KRT-232 (oraler MDM2- und p53-Inhibitor), der sich derzeit in der klinischen Entwicklung für Patient*innen mit Myelofibrose und akuter myeloischer Leukämie (AML) befinde. Eine klinische Studie bei Patient*innen mit rezidivierter/refraktärer Myleofibrose (NCT03662126) sowie eine zusätzliche Studie zur Kombinationstherapie bei Patient*innen, die ein suboptimales Ansprechen auf JAK-Inhibitoren zeigten (NCT04485260) sind derzeit aktiv.

6.1.2.4.1Androgene (Nandrolon) und Danazol

Nandrolon und Danazol (off label) sind bei transfusionspflichtiger Anämie in Einzelfallberichten eingesetzt worden (Dosierung von Danazol (Gonadotropinhemmer): 2-3-mal 200 mg/Tag). Die Wirksamkeit kann erst nach 2-3 Monaten beurteilt werden. Falls Androgene starke Nebenwirkungen (Anstieg der Leberwerte, Virilisierung bei Frauen) verursachen, müssen sie abgesetzt werden. Ein Ansprechen der Anämie kann in ca. 50% der so behandelten Fälle erwartet werden [62]. Allerdings sind Androgene für die Therapie der MF nicht zugelassen und sollten daher vor ihrer Verwendung beantragt werden.

6.1.2.4.2Interferon-Alpha

Schon länger ist aus Knochenmarkanalysen von MF Patienten bekannt, dass eine erfolgreiche Interferon alpha (IFNα) Therapie bei der MF mit einer signifikanten Verringerung der Knochenmarkfibrose, der Zellularität, der Megakaryozytendichte und der Dichte „nackter“ Kerne verbunden ist [63]. Heute wird bei der MF durchweg pegyiertes Interferon alpha eingesetzt. Pegyliertes Interferon α-2a (Peg-IFNα-2a) wurde in einer Studie bei 62 Pat. mit PMF/ Post-PV-MF/ Post-ET-MF eingesetzt. Im Median wurden hier die MF Patienten 39 Monate (6 - 107 Monate) mit Peg-IFNα-2a behandelt [64]. Die durchschnittliche IFNα Dosis zu Beginn der Therapie lag bei ~100 µg/Woche. Die 5-Jahres-Überlebensrate für die Gesamtkohorte betrug ab Diagnose 69,4 % und 54,8 % ab der ersten Verschreibung von pegyliertem Interferon-α2a. Die Dauer der Therapie mit pegyliertem Interferon α-2a hatte einen signifikanten Einfluss auf das Gesamtüberleben: Das mediane Gesamtüberleben betrug 30 Monate bei Pat., die weniger als 2 Jahre behandelt wurden, im Vergleich zu 70 Monaten bei Pat., die das Medikament mehr als 2 Jahre lang erhielten (P<0,0001). Zwischen Patienten mit primärer und sekundärer Myelofibrose bestand kein Unterschied weder im medianen Gesamtüberleben (7,4 versus 7 Jahre) noch im leukämiefreien Überleben (für beide nicht erreicht). Die Art der Treibermutation hatte einen statistisch signifikanten Einfluss auf das Überleben: Das mediane Gesamtüberleben betrug 13,5 Jahre bei CALR-mutierten Pat. im Vergleich zu 7 Jahren bei JAK2-mutierten Patienten. Eine Verringerung der JAK2 Allel Last > 10% wurde bei 63%, von > 20% bei 56% und von >50% bei 37% der Pat. beobachtet. Pat. mit mindestens einer non-driver Mutation hatten ein kürzeres Gesamtüberleben als Pat. mit ausschließlich Treibermutationen (6,1 Jahre versus nicht erreicht). Diese Langzeitanalyse deutet darauf hin, dass die Therapie mit pegyliertem Interferon α-2a bei der MF das Gesamtüberleben und auch das leukämiefreie Überleben verbessern kann.

Eine weitere Studie zeigte, dass der frühe Einsatz von Interferon α bei 30 Niedrigrisiko oder Intermediär 1 Risiko Patienten ohne Hochrisikomutationen den Krankheitsprogress aufhalten und die Entwicklung einer ausgeprägten Splenomegalie, Anämie und floriden Myelofibrose verhindern kann [65]. Dieses Konzept wird gerade in einer randomisierten, doppelblinden, Placebo kontrollierten Phase-3-Studie zur Bewertung der Wirksamkeit und Sicherheit von Ropeginterferon α-2b bei Patienten mit primärer Myelofibrose im Frühstadium oder mit geringerem Risiko überprüft [66]. Hierbei sind MF im Frühstadium bzw. mit Niedrigrisiko definiert als präfibrotische MF oder manifeste MF mit niedrigem oder intermediär-1 Risiko nach dem DIPSS+ Score. Insgesamt 150 Pat. werden dabei in einem Verhältnis von 2:1 randomisiert und erhalten entweder Ropeginterferon α-2b oder Placebo.

Sowohl für Pat. mit präPMF, PMF als auch solche mit sekundärer Myelofibrose ist der Einsatz von Interferon α „off label“ und sollte daher vor Anwendung bei der Krankenkasse beantragt werden.

6.1.2.4.3Imide

In mehreren Phase-II-Studien hat sich Thalidomid als wirksame Substanz bei Pat. mit einer hämatopoetischen Insuffizienz, insbesondere in Hinblick auf eine Anämie oder Thrombozytopenie, erwiesen [67]. Die Abbruchraten, vor allem aufgrund einer peripheren Neuropathie, waren hoch und lagen bei einer Thalidomid Dosis zwischen 50 und 400 mg/Tag bei etwa 50%. Das sogenannte Mayo-Schema sieht folgende Dosierung vor: Thalidomid 50 mg/Tag und Prednisolon 0,5 mg/kg Körpergewicht/Tag (Monat 1); Prednisolon 0,2 mg/kg KG (Monat 2); Prednisolon 0,125 mg/kg KG (Monat 3). Etwas bessere Ansprechraten bei ebenfalls verbesserter Verträglichkeit werden mit den Nachfolgesubstanzen Lenalidomid und Pomalidomid erzielt. In der deutschen MPN01-09 Studie konnte für 2 mg versus 0,5 mg Pomalidomid eine höhere (39% vs. 24%), qualitativ bessere und längere Ansprechrate (15 vs. 10 Monate) erzielt werden. Bemerkenswerterweise haben insbesondere Patienten mit einer TET2 Mutation von Pomalidomid profitiert [68]. Neue Ansätze verwenden eine Kombinationstherapie von Ruxolitinib mit Pomalidomid (Phase Ib/II Studie der deutschen MPN Studiengruppe GSG-MPN, NCT01644110) oder Thalidomid bzw. Ruxolitinib mit Azacytidine, vor allem in den akzelerierten Stadien der Myelofibrose. Auch der Einsatz von Imiden ist nur „off label“ möglich und bedarf damit einer Genehmigung durch die Krankenkasse.

6.1.2.4.4Imetelstat

Mit dem Telomerase-Inhibitor Imetelstat konnte in einer Pilotstudie mit 33 Intermediär Risiko 2 oder Hochrisiko Pat. mit Myelofibrose bei 21% eine komplette oder partielle hämatologische Remission erreicht werden. Signifikante Nebenwirkungen waren eine transiente Myelosuppression und Anstieg der Leberenzyme. In der nachfolgenden IMBARK-Studie, einer multizentrischen Phase II Studie, wurde Imetelstat randomisiert in zwei Dosisstufen bei mit JAK Inhibitoren vorbehandelten Intermediär 2 oder Hochrisikopatienten mit Myelofibrose getestet. Ein bedeutsames Ansprechen auf Milzgröße und Symptome konnte nur in der Hochdosisgruppe gezeigt werden. Das mediane Überleben war bei 28,1 Monaten in der Hochdosisgruppe und bei 19,9 Monaten in der Niedrigdosisgruppe. Das Ansprechen korrelierte mit dem Ausmaß der Telomerase Hemmung in den hämatopoetischen Zellen [69]. Die Überlebenszeit unter Imetelstat vs. Plazebo wird derzeit in einer randomisierten Phase-3-Studie untersucht. Eingeschlossen werden Pat., die auf JAK-Inhibitoren refraktär sind (NCT04576156).

6.1.2.4.5Luspatercept

Luspatercept und Elritercept (KER-050) sind als Inhibitoren des TGF-beta Signalweges Reifungsinduktoren der Erythropoese. Luspatercept führt bei 10 bis 50 % der MDS Pat. mit niedrigerem Risiko zur Unabhängigkeit von Erythrozyten Transfusionen [70], weshalb die Substanz inzwischen auch (off label) bei der PMF eingesetzt wird. Die Hemmung des TGF-beta Signalweges kann bei der Myelofibrose die Entwicklung einer Fibrose verhindern und die normale Hämatopoese, insbesondere die Erythropoese, verbessern. In einer laufenden Phase 2-Studie (NCT03194542) wird Luspatercept bei Pat. mit Myelofibrose und Anämie eingesetzt, wobei das Hauptinteresse auf dem Ansprechen transfusionsabhängiger Patienten liegt. Eine aktuelle Phase-3-Studie (INDEPENDENCE-Studie, NCT04717414) untersucht die Wirksamkeit und Sicherheit von Luspatercept im Vergleich zu Placebo unter gleichzeitiger Therapie mit einem JAK2 Hemmer. Eingeschlossen werden Pat. mit primärer und sekundärer Myelofibrose mit Anämie, die Erythrozyten Transfusionen benötigen. Für Elritercept (KER-050) liegen vielversprechende Daten der RESTORE Phase-2-Studie vor.

6.1.2.4.6Weitere JAK-Inhibitoren (Pacritinib, Jaktinib)

In jüngerer Vergangenheit wurden in klinischen Studien außer Ruxolitinib noch weitere JAK-Inhibitoren bei der Myelofibrose evaluiert [71]. Eine Zulassung von Pacritinib (JAK2/FLT3 Inhibitor) in der Zweitlinie nach Ruxolitinib [72], welche auch Patienten mit niedrigerer Thrombozytenzahl (< 50 x 109/l) einschließt, steht in Deutschland weiterhin aus. Jaktinib (JAK1/2/3-Inhibitor) erwies sich in einer Phase-2-Studie effizient in Bezug auf die Reduktion des Milzvolumens. Die Substanz wird derzeit in einer Phase-2-Studie geprüft (NCT04851535).

6.1.2.4.7Pelabresib, Parsaclisib, KRT-232

Die im Folgenden dargestellten Substanzen stellen innovative Therapiekonzepte dar, welche in laufenden Studien bei der MF untersucht werden.

Pelabresib (CPI-0610) ist ein potenter BET-Inhibitor, der aktuell in Studien bei Patienten mit Myelofibrose getestet wird. BET-Inhibitoren können die Entzündungsreaktionen von Makrophagen aus dem Knochenmark erheblich reduzieren, indem sie die Expression von Interleukinen supprimieren. Die Kombination von JAK- und BET-Inhibitoren führt zu einer synergistischen Reduktion des inflammatorischen Zytokinspiegels, der Splenomegalie und der Knochenmark Fibrose (Phase 3 MANIFEST-Studie). Die aktuellen follow-up Daten der MANIFEST-Studie zeigen für die Kombination Pelabresib und Ruxolitinib gegenüber Ruxolitinib alleine eine anhaltende Verbesserung über 72 Wochen des Milzansprechens, der Verbesserung der Symptome und der Knochenmarkfibrose. Besonders eindrucksvoll war unter der Kombinationstherapie der Rückgang der Splenomegalie gemessen anhand der die SVR35 (Reduktion der Milzgröße um mindestens 35% im MRT).

Navitoclax (BCL-2/BCL-xL-Inhibitor), wurde in Kombination mit Ruxolitinib in einer Phase-2-Studie bei 34 Myleofibrose-Pat. untersucht, bei welchen Ruxolitinib nicht mehr wirksam war und führte zur Reduktion des Milzvolumens, einer Symptomkontrolle und einer Verbesserung von Knochenmarkfibrose und der Mutationslast. Eine Placebo-kontrollierte Phase-3-Studie verglich die Kombination von Navitoclax und Ruxolitinib versus einer Ruxolitinib-Monotherapie bei JAK-Inhibitor naiven Pat. (NCT04472598) und auch bei Pat. mit Rezidiv/ Refraktärität unter JAK Inhibitoren (NCT04468984). Die Kombination erwies sich als effektiv, aber dennoch wird die Substanz Navitoclax von der Firma nicht weiter zur Zulassung gebracht. Als problematisch erwiesen sich in der Anwendung vor allem die ausgeprägte Hämatotoxizität, insbesondere die Thrombozytopenien (Grad 3, 51%) und die Anämien (46%), die zu relativ hohen Raten an Dosisreduktionen und Therapieunterbrechungen führten.
Parsaclisib (PI3K-Inhibitor) wurde in einer Phase-2-Studie mit 51 PMF-Pat., die unzureichend auf Ruxolitinib angesprochen hatten, untersucht. Die positiven Ergebnisse bezüglich Milzgrößenreduktion und Symptomkontrolle führten zu zwei Phase-3-Studien, die derzeit für JAK Inhibitor naive Pat. (NCT04551066) und für Pat. mit suboptimalem Ansprechen auf JAK-Inhibition (NCT04551053) durchgeführt werden.
KRT-232, ein oraler MDM2- und p53-Inhibitor der sich derzeit in der klinischen Entwicklung für Pat. mit Myelofibrose und akuter myeloischer Leukämie (AML) befindet. Eine klinische Studie bei Pat. mit rezidivierter/refraktärer Myelofibrose (NCT03662126) sowie eine zusätzliche Studie zur Kombinationstherapie bei Pat., die ein suboptimales Ansprechen auf JAK-Inhibitoren zeigten (NCT04485260), sind derzeit aktiv.

Mutiertes Calreticulin als Zielstruktur: Mutiertes CALR wird selektiv auf der Plasmamembran erkrankter Zellen präsentiert und stellt ein wertvolles Ziel für CALR-zielgerichtete Therapie dar. Zu den CALR-gerichteten Entwicklungen zählen (i) blockierende Antikörper (Signaling-Blocker), (ii) Bispezifische ("T cell redirecting") Antikörper, (iii) Vakzinen gegen mutiertes Calreticulin, (iv) Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADCs) sowie (v) CAR-T-Zelltherapeutika. (i)-(iii) befinden sich bereits in klinischen Studien, (iv) und (v) in prä-klinischer Entwicklung.

mutCALR-blockierende Antikörper: Monoklonale Antikörper wie INCA33989 binden spezifisch an das mutierte C-terminale Ende von Calreticulin und blockieren so die pathologische Interaktion mit dem Thrombopoetin-Rezeptor (MPL), was die onkogene Signalübertragung hemmt. Diese Antikörper befinden sich aktuell in der klinischen Phase I/II und zeigen in ersten Studien bei Patienten mit CALR-mutierter ET eine rasche und anhaltende Senkung der Thrombozytenzahlen sowie eine Reduktion der mutCALR-Allellast bei guter Verträglichkeit.

Bispezifische, T-Zell-redirecting Antikörper: Bispezifische Antikörper sind darauf ausgelegt, sowohl mutiertes CALR auf der Oberfläche maligner Zellen als auch CD3 auf T-Zellen zu binden. Dadurch werden T-Zellen gezielt zu den mutCALR-positiven Zellen gelenkt und aktivieren eine spezifische Immunantwort mit Zerstörung der Tumorzellen. Diese innovativen Antikörper befinden sich derzeit in der präklinischen bzw. frühen klinischen Entwicklung (Phase I, NCT06150157).

Impfstoffe gegen mutiertes CALR: Therapeutische Impfstoffe zielen darauf ab das Immunsystem gezielt gegen mutiertes Calreticulin zu sensibilisieren und eine spezifische T-Zell-Antwort gegen CALR-mutierte Zellen zu induzieren. Erste klinische Studien (Phase I) untersuchen Sicherheit, Immunogenität und erste Hinweise auf Wirksamkeit bei MPN-Patienten mit CALR-Mutation.

CALR-pADCs bestehend aus SMARCA2/4-Dual-Degradern oder CDK9-Degradern, konjugiert mit monoklonalen CALR-Antikörpern. Die so entwickelten CALR-pADCs zeigen in vitro eine hochselektive Wirkung gegen CALR mutierte Zellen bei minimaler Beeinträchtigung gesunder Zellen. Diese first-in-class CALR-pADCs stellen einen vielversprechenden Ansatz zur gezielten Elimination von MPN-Klonen dar

mutCALR-gerichtete CAR-T-Zellen: CAR-T-Zelltherapien werden so konstruiert, dass sie mutiertes CALR auf der Oberfläche von MPN-Zellen erkennen und gezielt eliminieren. Diese personalisierten Zelltherapien befinden sich aktuell im präklinischen Stadium, zeigen aber in vitro und in Tiermodellen vielversprechende zytotoxische Effekte gegen CALR-mutierte Zellen.

7Rehabilitation

Bei kompliziertem Verlauf einschließlich Durchführung einer alloSZT gelten die bei Tumorerkrankungen/ Leukämien üblichen Regeln für die Einleitung von Rehabilitationsverfahren.

8Verlaufskontrolle und Nachsorge

8.1Verlaufskontrolle

  • Klinische Untersuchung (Beachtung von Veränderungen der Milzgröße), Blutbild einschließlich Differenzialblutbild und klinische Chemie: Abstände abhängig von der Therapieform und der Therapiephase sowie dem individuellen Verlauf der Erkrankung. In der Initialphase der Therapie kurzfristig, nach Erreichen einer stabilen Phase in der Regel Kontrollabstände bis zu einem Vierteljahr oder länger möglich.

  • Verlaufsuntersuchungen des Knochenmarkes zur Erfassung der seltenen Übergänge in eine akute Leukämie, Akzeleration der PMF oder Zunahme der Myelofibrose werden in Abhängigkeit vom individuellen Verlauf durchgeführt. Bei Hinweisen auf Progression der PMF (zunehmende Anämie oder Thrombozytopenie, Blasten im peripheren Blut etc.) sowie vor Therapieumstellungen sollte eine Verlaufsuntersuchung des Knochenmarkes geprüft werden.

    Verlaufsuntersuchungen des Knochenmarkes zur Erfassung der seltenen Übergänge in eine akute Leukämie, der Akzeleration der Myelofibrose oder der Zunahme der Myelofibrose werden in Abhängigkeit vom individuellen Verlauf durchgeführt. Bei Hinweisen auf Progression der Myelofibrose (zunehmende Anämie oder Thrombozytopenie, Blasten im peripheren Blut etc.) sowie vor Therapieumstellungen sollte eine Verlaufsuntersuchung des Knochenmarkes geprüft werden. Außerdem sollte bei Patienten*innen in noch transplantationsfähigen Zustand erneut eine komplette molekulargenetische (am besten mittels NGS) und zytogenetische Evaluation durchgeführt werden.

  • Ein quantitatives Verlaufs Monitoring von mutiertem JAK2-, CALR- oder MPL-Allel wird derzeit noch nicht routinemäßig empfohlen, kann aber im Einzelfall bei Therapieentscheidungen hilfreich sein.

    Ein quantitatives Verlaufs Monitoring von mutiertem JAK2-, CALR- oder MPL-Allel kann im Einzelfall bei Therapieentscheidungen hilfreich sein, insbesondere unter Erkrankungs-modulierenden Therapien (z.B. IFNα).

  • Eine Oberbauchsonographie 1 x jährlich ist sinnvoll.

    Eine Oberbauchsonographie 1 x jährlich (Milzgrösse in cm, Pfortader- und hepatische Perfusion).

  • Dermatologische Kontrolle 1 x jährlich werden empfohlen (insbesondere unter Ruxolitinib und Hydroxyurea).

8.2SARS-CoV-2- (COVID-19-) und Herpes zoster Infektion

Höheres Alter, Komorbidität (z.B. chronische kardiale und pulmonale Vorerkrankungen) und hämatologische Neoplasien, gehören zu den Risikofaktoren für einen schweren Verlauf der SARS-CoV-2- (COVID-19-) Infektion. Bei Patient*innenPat., die für ihre Myelofibrose-Erkrankungeine Therapie mit Ruxolitinib erhalten, solltensollte nach den Ergebnissen einer retrospektiven europäischen Studie das , Ruxolitinib nicht abgesetzt werden, wenn die Patient*innenPat. eine COVID19-Erkrankung durchmachen [73].

Generell ist bei Patient*innenPat. mit MPN einschließlich PMF bei der Myelofibrose eine Schutzimpfung gegen COVID19 zu empfehlen (siehe auch Onkopedia Leitlinie Coronavirus-Infektion (COVID-19) bei Patient*innenPat. mit Blut- und Krebserkrankungen). Untersuchungen von IgG-Antikörpertitern im Serum von Patient*innenPat. (n=16), die zum Zeitpunkt der Impfung unter Therapie mit Ruxolitinib standen, ergaben nach zwei Impfdosen BNT162b2 eine extrem eingeschränkte/keineeingeschränkte/ keine Antikörperbildung [74], sodass davon auszugehen ist, dass sich kein adäquater Impfschutz entwickelt hat. Eine dritte Impfung wird empfohlen, allerdings ist die Wirksamkeit/Nutzen von Auffrischimpfungen unter Fortsetzung von Ruxolitinib unsicher. , sodass davon auszugehen ist, dass sich kein adäquater Impfschutz entwickelt hat. Eine dritte Impfung wird empfohlen, allerdings ist die Wirksamkeit/ der Nutzen von Auffrischimpfungen unter Fortsetzung von Ruxolitinib unsicher. Aufgrund des erhöhten Auftretens von Zoster Infektionen unter Ruxolitinib wird eine Impfung gegen Herpes zoster empfohlen.

9Literatur

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  56. Harrison CN, Vannucchi AM, Platzbecker U, et al.: Momelotinib versus best available therapy in patients with myelofibrosis previously treated with ruxolitinib (SIMPLIFY-2): a randomized, open-label, phase 3 trial. Lancet Hematol 5(2):e73-e81, 2018. Jilg S, Schwaab J, Sockel K, et al: MoReLife - real-life data support the potential of momelotinib as a safe and effective treatment option for cytopenic myelofibrosis patients. Ann Hematol. 2024 Oct;103(10):4065-4077. DOI:10.1016/S2352-3026(17)30237-51007/s00277-024-05908-4

  57. Tremblay D, Mascarenhas J: Next Generation Therapeutics for the Treatment of Myelofibrosis. Cells 10:1034, 2021. Barbui T, Tefferi A, Vannucchi AM, et al.: Philadelphia chromosome-negative classical myeloproliferative neoplasms: revised management recommendations from European LeukemiaNet. Leukemia 32:1057-69, 2018. DOI:10.3390/cells100510341038/s41375-018-0077-1

  58. Barbui T, Vannucchi AM, Alvarez-Larran A, et al.: High mortality rate in COVID-19 patients with myeloproliferative neoplasms after abrupt withdrawal of ruxolitinib. Caocci G, Ghiani S, Mocci C, La Nasa G. Combination Therapy with Ruxolitinib and Hydroxyurea for the Treatment of Myeloid-Predominant Leukocytosis in a Patient with Myelofibrosis. Acta Haematologica 139:164-65, 2018. Leukemia. 2021;35(2):485-493. DOI:10.1038/s41375-020-01107-y1159/000487582

  59. Maneikis K, Šablauskas K, Ringelevičiūtė U, et al.: Immunogenicity of the BNT162b2 COVID-19 mRNA vaccine and early clinical outcomes in patients with haematological malignancies in Lithuania: a national prospective cohort study. Lancet Haematol 8:e583-e592, 2021. Cervantes F, Alvarez-Larrán A, Hernández-Boluda JC, et al.: Erythropoietin treatment of the anaemia of myelofibrosis with myeloid metaplasia: results in 20 patients and review of the literature. Br J Haematol 127:399-403, 2004. DOI:10.1016/S2352-3026(21)00169-11111/j.1365-2141.2004.05229

  60. Mesa RA: How I treat symptomatic splenomegaly in patients with myelofibrosis. Blood 113:5394-5400, 2009. DOI:10.1182/blood-2009-02-195974

  61. Mesa RA, Nagorney DS, Schwager S, et al.: Palliative goals, patient selection, and perioperative platelet management: outcomes and lessons from 3 decades of splenectomy for myelofibrosis with myeloid metaplasia at the Mayo Clinic. Cancer 107:361-70, 2006. DOI:10.1002/cncr.22021

  62. Cervantes F, Hernández-Boluda JC, Alvarez-Larrán A, et al.: Danazol treatment of idiopathic myelofibrosis with severe anemia. Haematologica 85:595-99, 2000. PMID:10870115

  63. Pizzi M, Silver RT, Barel A, Orazi A. Recombinant interferon-α in myelofibrosis reduces bone marrow fibrosis, improves its morphology and is associated with clinical response. Mod Pathol. 2015 Oct;28(10):1315-23. DOI:10.1038/modpathol.2015.93

  64. Ianotto JC, Chauveau A, Boyer-Perrard F, et al.: Benefits and pitfalls of pegylated interferon-α2a therapy in patients with myeloproliferative neoplasm-associated myelofibrosis: a French Intergroup of Myeloproliferative neoplasms (FIM) study. Haematologica 103:438-46, 2018. DOI:10.3324/haematol.2017.181297

  65. Silver RT, Barel AC, Lascu E, et al.: The effect of initial molecular profile on response to recombinant interferon-α (rIFNα) treatment in early myelofibrosis. Cancer 123:2680-2687, 2017 DOI:10.1002/cncr.30679

  66. Abu-Zeinah G, Qin A, Gill H, et al.: A randomized, double-blind, placebo-controlled phase 3 study to assess efficacy and safety of ropeginterferon alfa-2b in patients with early/lower-risk primary myelofibrosis. Ann Hematol. 2024 Sep;103(9):3573-3583. DOI:10.1007/s00277-024-05912-8

  67. Marchetti M, Barosi G, Balestri F, et al.: Low-dose thalidomide ameliorates cytopenias and splenomegaly in myelofibrosis with myeloid metaplasia: a phase II trial. J Clin Oncol 22:424-31, 2004. DOI:10.1200/JCO.2004.08.160

  68. Schlenk RF, Stegelmann F, Reiter A et al.: Pomalidomide in myeloproliferative neoplasm-associated myelofibrosis. Leukemia 31:889-895, 2017. DOI:10.1038/leu.2016.299

  69. Mascarenhas J, Komrokji RS, Palandri F, et al.: Randomized, Single-Blind, Multicenter Phase II Study of Two Doses of Imetelstat in Relapsed or Refractory Myelofibrosis. J Clin Oncol 39:2881-2892, 2021. DOI:10.1200/JCO.20.02864

  70. Fenaux P, Kiladjian JJ, Platzbecker U: Luspatercept for the treatment of anemia in myelodysplastic syndromes and primary myelofibrosis. Blood 133:790-794, 2019. DOI:10.1182/blood-2018-11-876888

  71. Tremblay D, Mascarenhas J. Next Generation Therapeutics for the Treatment of Myelofibrosis. Cells. 2021 Apr 27;10(5):1034. DOI:10.3390/cells10051034

  72. Mesa RA, Vannucchi AM, Mead A, et al.: Pacritinib versus best available therapy for the treatment of myelofibrosis irrespective of baseline cytopenias (PERSIST-1): an international, randomised, phase 3 trial. Lancet Haematol. 4:e225-e236, 2017. DOI:10.1016/S2352-3026(17)30027-3

  73. Barbui T, Vannucchi AM, Alvarez-Larran A, et al.: High mortality rate in COVID-19 patients with myeloproliferative neoplasms after abrupt withdrawal of ruxolitinib. Leukemia. 2021;35(2):485-493. DOI:10.1038/s41375-020-01107-y

  74. Maneikis K, Šablauskas K, Ringelevičiūtė U, et al.: Immunogenicity of the BNT162b2 COVID-19 mRNA vaccine and early clinical outcomes in patients with haematological malignancies in Lithuania: a national prospective cohort study. Lancet Haematol 8:e583-e592, 2021. DOI:10.1016/S2352-3026(21)00169-1

10Aktive Studien

Studie

Fragestellung

Kontakt

Information

RuxoAllo-

FAMy

Studie

Multizentrische und prospektive Phase-II Studie, die das Überleben von MF-Patienten, die sich aufgrund eines vorhandenen Spenders einer allogenen Blutstammzell-transplantation unterzogen haben, mit dem Überleben von MF-Patienten vergleicht, die keinen passenden Spender haben und kontinuierlich mit Ruxolitinib behandelt werden.

Multizentrische, offene Phase 1/2 Studie zur Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit von Fedratinib in Kombination mit CC-486 bei Patienten mit Myelofibrose in akzelerierter Phase.

Prof. Nicolaus Kröger, Hamburg

famy@kks-halle.de

Studienzentrale Hamburg

E-Mail:

mailto:mheinzel@uke.de

Telefon: 040 741054188

Homepage der GSG-MPN

Eudra-CT-Nr.

(Rekrutierung abgeschlossen)

2021-003650-23

 

OSHO-ID: #101

 

BMS Study-ID:

CA054-010

POMINC Studie

FRACTION

(MPN-SG 02-12)

Phase Ib/II Studie mit dem JAK-Inhibitor Ruxolitinib und Pomalidomid bei Patienten mit primärer und sekundärer Myelofibrose

Checkpoint-Inhibitor Therapie in Kombination mit Fedratinib bei Myelofibrose.

Prof. Dr. Konstanze Döhner, Ulm, E-Mail: konstanze.doehner@uniklinik-ulm.de

heidel.florian@mh-hannover.de

Telefon: 0731-5000

NCT01644110

PMID:38967662

(Rekrutierung abgeschlossen)

Eudra-CT-Nr.

2021-004757-23

11Therapieprotokolle

12Studienergebnisse

13Zulassungsstatus

15Anschriften der Autoren

Univ.-Prof. Dr. med. Haifa Kathrin Al-Ali
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Medizinische Fakultät
Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin IV
Ernst-Grube-Str. 40
06120 Halle (Saale)
Prof. Dr. med. Gabriela M. Baerlocher
Universität Bern
Labor für Hämatopoiese und Molekulare Genetik
Murtenstrasse 40
CH-3008 Bern
Prof. Dr. med. Konstanze Döhner
Universitätsklinikum Ulm
Innere Medizin III
Albert-Einstein-Allee 23
89081 Ulm
Prof. Dr. med. Martin Grießhammer
Johannes Wesling Klinikum Minden
Klinik für Hämatologie / Onkologie
Hans-Nolte-Str. 1
32429 Minden
Univ.-Prof. Dr. med. Florian H. Heidel
Medizinische Hochschule Hannover
Klinik für Hämatologie, Hämostaseologie,
Onkologie und Stammzelltransplantation
Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover
Univ.-Prof. Dr. med. Steffen Koschmieder
Uniklinik RWTH Aachen
Med. Klinik IV
Hämatologie, Onkologie, Hämostaseologie & SZT
Pauwelsstr. 30
52074 Aachen
Prof. Dr. med. Nicolaus Kröger
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Klinik für Stammzelltransplantation
Onkologische Station
Martinistr. 52
20246 Hamburg
Prof. Dr. med. Petro E. Petrides
Hämatologisch-Onkologische Schwerpunktpraxis
am Isartor
Zweibrückenstr. 2
80331 München
Prof. Dr. med. Dominik Wolf
Medizinische Universität Innsbruck
Universitätsklinik für Innere Medizin V
Anichstr. 35
A-6020 Innsbruck

16Erklärung zu möglichen Interessenskonflikten

Autor*in

Anstellung

Beratung / Gutachten

Aktien / Fonds

Patent / Urheberrecht / Lizenz

Honorare

Finanzierung wissenschaftlicher Untersuchungen

Andere finanzielle Beziehungen

Persönliche Beziehung zu Vertretungsberechtigten

Baerlocher, Gabriela M.

Ja

Universität Bern und Universitätsspital Bern, CH

Ja

MD Education Ltd, UK
Geron Corporation, US

Nein

Nein

Nein

Nein

Nein

Nein

Döhner, Konstanze

Ja

Universitätsklinikum Ulm

Ja

Celgene/BMS, Abbvie, Novartis

Nein

Nein

Ja

Celgene/BMS, Abbvie, Novartis

Ja

Novartis

Ja

Celgene/BMS, Abbvie, Novartis

Nein

Gisslinger, Heinz

Ja

Medizinische Universität Wien

Ja

Novartis, AOP Orphan

Nein

Nein

Ja

Novartis, AOP Orphan, Janssen, Celgene/BMS

Ja

Novartis, AOP Orphan

Nein

Nein

Grießhammer, Martin

Ja

Klinikum Minden, Universitätsklinikum der Ruhr Universität Bochum

Ja

AOP, Celgene/BMS, Novartis

Nein

Nein

Ja

Amgen, AOP Orphan, Novartis, Celgene/BMS, CTI, Shire, Pfizer, Roche, Janssen, Gilead, Astra Zeneca

Nein

Nein

Nein

Koschmieder, Steffen

Ja

RWTH Aachen University; Uniklinik RWTH Aachen

Ja

Novartis, AbbVie, Janssen/Geron, Bristol Myers Squibb, Celgene,Bayer, Incyte, CTI, Imago, Kartos, Sierra Oncology, AOP Pharma, Pfizer

Nein

Ja

Neuartiger BET-Inhibitor (Patent zusammen mit
mehreren anderen Wissenschaftler*innen und der
RWTH Aachen University). Siehe Altenburg et al ACS
Med Chem Letters 2021.

Ja

Novartis, AbbVie, Janssen/Geron, Bristol Myers Squibb, Celgene,Bayer, Incyte, CTI, Imago, Kartos, Sierra Oncology, AOP Pharma, Pfizer

Ja

Novartis, AOP Orphan Pharmaceuticals AG, Janssen Research and Development, LLC

Ja

Novartis, AbbVie, Janssen/Geron, Bristol Myers Squibb, Celgene,Bayer, Incyte, CTI, Imago, Kartos, Sierra Oncology, AOP Pharma, Pfizer

Nein

Kröger, Nicolaus

Ja

Universitätsklinik Hambur
Martinistrasse52
20246 Hamburg

Ja

DFG
BMBF
Jazz
Neovii
Novartis
Kite/Gilead

Nein

Nein

Ja

Neovii: Honorar Vortrag
Sanofi:Honorar Vortrag
JAZZ:Honorar Vortrag
Celgene:Honorar Vortrag
Riemser:Honorar Vortrag
Gilead:Honorar Vortrag

Ja

Riemser
Neovii
Novartis
Celgene /BMS

Nein

Nein

Lengfelder, Eva

Ja

Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg

Nein

Nein

Nein

Nein

Nein

Nein

Nein

Petrides, Petro E.

Ja

selbständig

Nein

Nein

Nein

Nein

Nein

Nein

Nein

1 Gegenwärtiger Arbeitgeber, relevante frühere Arbeitgeber der letzten 3 Jahre (Institution/Ort)2 Tätigkeit als Berater*in bzw. Gutachter*in oder bezahlte Mitarbeit in einem wissenschaftlichen Beirat / Advisory Board eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft (z. B. Arzneimittelindustrie, Medizinproduktindustrie), eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung3 Besitz von Geschäftsanteilen, Aktien, Fonds mit Beteiligung von Unternehmen der Gesundheitswirtschaft4 Betrifft Arzneimittel und Medizinprodukte5 Honorare für Vortrags- und Schulungstätigkeiten oder bezahlte Autor*innen oder Koautor*innenschaften im Auftrag eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, eines kommerziell orientierten Auftragsinstituts oder einer Versicherung6 Finanzielle Zuwendungen (Drittmittel) für Forschungsvorhaben oder direkte Finanzierung von Mitarbeiter*innen der Einrichtung von Seiten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, eines kommerziell orientierten Auftrags-instituts oder einer Versicherung7 Andere finanzielle Beziehungen, z. B. Geschenke, Reisekostenerstattungen, oder andere Zahlungen über 100 Euro außerhalb von Forschungsprojekten, wenn sie von einer Körperschaft gezahlt wurden, die eine Investition im Gegenstand der Untersuchung, eine Lizenz oder ein sonstiges kommerzielles Interesse am Gegenstand der Untersuchung hat8 Persönliche Beziehung zu einem/einer Vertretungsberechtigten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft

nach den Regeln der tragenden Fachgesellschaften.

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Reference:

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